Du wirst sicherlich nicht der Einzige sein, der schon mal Fehler in seinem Leben begangen hat. Vielleicht hast du einen Haufen Geld in den Wind geschossen, deine Beziehung kaputt gemacht oder bist einfach zu große Risiken an der Börse eingegangen.
Das sind alles schwerwiegende Verluste, die oftmals auf Fehlern im Denken beruhen.
Damit du in Zukunft besser gewappnet bist, habe ich mal 52 Denkfehler in Anlehnung an dieses Buch hier* aufgelistet:
Viel Spaß beim Lesen!
1. The Survivorship Bias (Warum du Friedhöfe besuchen solltest)
Der Survivorship Bias (Überlebensirrtum) kann eine starke Quelle der Motivation und ein verhängnisvoller Denkfehler zugleich sein. Er beruht nämlich auf der Tatsache, dass Erfolgen im Alltag größere Sichtbarkeit als Misserfolgen gegeben wird und daraus eine systematische Überschätzung für Erfolge resultiert.
Lass dir nicht deinen Mut nehmen, aber bedenke, dass hinter jedem erfolgreichen Schriftsteller 100 Autoren sitzen, die kein einziges Buch verkaufen und hinter Jedem dieser sitzen wiederum 100, die nicht mal einen Verlag für ihre Werke finden. Dahinter kommen wieder ganz viele, die nicht mal angefangen haben zu schreiben.
Dies trifft auch auf alle anderen Berufsgruppen zu, egal ob Sportler, Unternehmer, Fotograf, Moderator oder Wissenschaftler.
Denk daran, wenn du vielleicht vor hast in ein Start-up zu investieren, bei welchem du denkst, dass es das nächste Facebook werden könnte 😉
Vielleicht hast du ja sogar Glück (es sei dir von Herzen gegönnt) und dem Risiko steht bekanntlich das Wissen und Können gegenüber (welches man nicht mit Glück verwechseln sollte), aber bewahre deine Rationalität.
Besuche also manchmal die Grabstätte der einst vielversprechenden Projekte und Ideen, damit du vor lauter Euphorie nicht diesen Fehler begehst.
2. The Swimmer´s Body Illusion
(Ist Harvard eine gute oder schlechte Universität? Wir wissen es nicht.)
Vielleicht warst du schon mal unzufrieden mit deinem Körper und hast dich in der Welt umgesehen, welche Personengruppen gut aussehen.
Höchstwahrscheinlich wirst du dann bei Sportlern gelandet sein, genauer gesagt bei Sprintern, Fußballern oder Schwimmern.
Du dachtest dir dann wahrscheinlich „Schwimmen müsste man, um so auszusehen“
Und damit hast du einen fatalen Denkfehler begangen. Abgesehen von der Tatsache, dass Profis nebenbei noch Krafttraining betreiben, sehen die Schwimmer nicht so gut aus, weil sie schwimmen, sondern sie sind gute Schwimmer, weil sie so gut gebaut sind.
Schöne Frauen machen Werbung für Kosmetika, damit du dir das Zeug kaufst, im Irrglauben, dann so auszusehen.
Sicherlich kann man nachhelfen, aber die Models aus dem Fernsehen sind nicht aufgrund der Kosmetika Models, sondern, weil sie von Natur aus schon überdurchschnittlich gut aussehen, sind sie für das Modeln überhaupt erst prädestiniert.
Die Schönheit und Sportlichkeit sind nicht die Ergebnisse, sondern die Selektionskriterien!
Harvard ist als Topuniversität bekannt. Ist Harvard deswegen eine gute Schule? Wir wissen es nicht. Vielleicht ist die Schule miserabel, aber die gescheitesten Studenten besuchen sie und verschaffen ihr damit den Ruf einer guten Uni.
Verwechsel also das Auswahlkriterium nicht mit dem Ergebnis!
3. Der Overconfidence-Effekt
(Warum du systematisch dein Wissen und Können überschätzt)
Der Overconfidence-Effekt bemisst den Unterschied zwischen deinem wirklichen Wissen, und dem, was du glaubst zu wissen.
Fragt man einen Ökonomieprofessor wo der Öl- oder Goldpreis in 10 Jahren liegt, so liegt dieser genau so falsch wie Laien. Er prognostiziert bloß mit einem erheblichen Maß an Selbstüberschätzung.
Das ist nicht nur bei Ökonomen so: In manchen Befragungen geben 84% der Männer an, dass sie überdurchschnittlich gute Liebhaber seien. Ohne den Overconfidence-Effekt dürften es mit mir allerdings nur 50% sein ;).
Durchschnitt (genauer: Median) bedeutet ja gerade, dass 50% darüber und darunter liegen.
Jeder Restaurantbesitzer träumt davon das nächste Luxusrestaurant für Stars und Sternchen zu eröffnen, in der Realität machen die meisten aber schon nach 3 Jahren dicht.
Fazit:
1. Einen Underconfidence Effekt (Gegenteil) gibt es nicht.
2. Männer sind stärker vom Overconfidence-Effekt betroffen
3. Der Effekt ist nicht nur Optimisten vorbehalten.
Sei also allen Prognosen gegenüber skeptisch, besonders, wenn sie von Experten stammen!
4. Social Proof (Herdentrieb)
(Eine Lüge wird nicht dadurch zur Wahrheit, dass Viele an sie glauben)
Angenommen an einer Kreuzung siehst du viele Menschen, die in den Himmel starren. Was machst du automatisch? Richtig, du siehst auch nach oben.
Oder im Konzert fängt plötzlich jemand an zu klatschen, weil er die Stelle erstklassig fand. Was machen also alle? Richtig, sie klatschen auch.
Warum ist das so? Aufgrund des Social Proofs.
Warum gibt es ihn? Aus dem gleichen Grund, aus dem du auch Fett wirst, wenn du zu viel isst. Es macht evolutionär gesehen Sinn.
Damals gab es keine prall gefüllten Kühlschränke, an denen man sich dauerhaft bedienen konnte. Die Natur musste einen Weg finden Energie zu speichern. Voilà die Wampe war da!
Und wenn Viele Menschen damals vor einem gefährlichen Tier weggerannt sind, war es einfach sinnvoller, ohne Nachzudenken auch sofort wegzurennen, weil man sonst gefressen wurde. Vielleicht war gar kein wildes Tier hinter der Gruppe her, aber das Risiko war zu groß. Deswegen hat sich das tief in unser Unterbewusstsein eingegraben.
Die Werbung nutzt das beispielsweise systematisch aus, indem sie bei Produkten behauptet, dass ihr Produkt das Meistverkaufte ist. Schön, ist das Produkt jetzt besser, nur weil es das Meistverkaufte ist?
Richtig gefährlich kann es bei Sekten werden, wenn der Social Proof zu kollektivem Selbstmord ausartet.
Merke: Wenn 100 Millionen Menschen denken, dass die Gleichung 2+2=5 eine wahre Aussage ist, so wird dir jeder Mathelehrer trotzdem die Ohren lang ziehen, wenn du das behauptest. Die Unwahrheit wird nicht zur Wahrheit, nur weil viele Menschen an sie glauben.
Nützlich kann der Social Proof allerdings sein, wenn du in einer fremden Stadt ein Fußball Spiel sehen willst und das Stadion nicht finden kannst, dann brauchst du nämlich nur der Masse hinterher rennen.
Oder, wenn mehrere Frauen auf dich stehen und du noch mehr willst 😉
5. The Sunk Cost Fallacy
(Warum du die Vergangenheit ignorieren solltest)
Diese Falle schnappt immer dann zu, wenn man bereits viel Zeit, Geld, Liebe oder sonstige Energie in etwas investiert hat.
Das bereits investierte Geld etc. dient gerne zur Begründung, um etwas fortzuführen, obwohl es objektiv betrachtet keinen Sinn mehr macht.
Warum schaust du dir sonst den Kinofilm bis zum Ende an, obwohl du ab der Hälfte schon weißt, dass er dir überhaupt nicht gefällt? Wegen den 20€ für die Kinokarte!
Warum trennst du dich nicht von deinem Partner, obwohl er dich von Vorne bis hinten belügt und betrügt? Zu viel emotionale Energie wurde bereits in die Beziehung gesteckt!
Und warum verkaufst du deine Aktien nicht, obwohl sie nicht mehr steigen werden? Weil der Einstandspreis höher war als der aktuelle Preis!
Das ist einfach irrational.
Es mag viele gute Gründe geben, um etwas abzuschließen. Aber es existiert ein schlechter Grund: das bereits Investierte zu berücksichtigen.
Ruf dir das möglichst oft ins Bewusstsein.
Es zählt nur die Gegenwart und die (Einschätzung der) Zukunft!
6. Die Reziprozität
(Warum du dir keinen Drink spendieren lassen solltest)
Die Reziprozität besagt im Grunde „Ich helfe dir aus und du hilfst mir aus“
Klingt eigentlich gut oder? Ist es in seiner ursprünglichen Form auch. Denn da diente es zum Überleben.
Es gab damals nämlich noch keine Kühlschränke, in denen man sein erlegtes Reh lagern konnte, das viel zu viel Nahrung für einen alleine war.
Was machte man also? Man teilte mit den anderen Gruppenmitgliedern und bekam dadurch das Recht, von der Beute des Anderen zu profitieren, falls man eines Tages mal Pech beim Jagen hatte.
Blöd nur, wenn du zum Geburtstag einer unsympatischen Person eingeladen bist, eigentlich gar keine Lust hast hinzugehen und es aus Höflichkeit aber doch machst.
Wenn du nämlich dann Geburtstag hast wirst du dich wahrscheinlich verpflichtet fühlen, den ehemaligen Gastgeber ebenfalls einzuladen. Daraufhin wird er dich nächstes Mal wieder einladen und vielleicht noch zum Geburtstag seiner Freundin, Mutter etc. Du siehst schon wo das hinführt.
Ein Teufelskreis aus dem Viele nicht mehr rauskommen.
Die hässlichste Form der Reziprozität ist die Vergeltung. Auf Rache folgt oftmals Gegenrache und ehe man sich versieht, befindet man sich in einem ausgewachsenen Krieg.
Wenn man also als Frau in einer Bar nicht das unterschwellige Gefühl haben will, mit jemanden ins Bett steigen zu müssen, so sollte man sich von demjenigen keinen Drink spendieren lassen.
7. The Confirmation Bias (Part 1)
(Alle Achtung, wenn das Wort „Spezialfall“ fällt!)
Einer der größten Denkfehler überhaupt! Der Confirmation Bias.
Die Tendenz, neue Informationen unseren Weltanschauungen entsprechend zu filtern und zu interpretieren, damit sie mit unseren Überzeugungen kompatibel sind.
Oder anders gesagt: Wir sortieren Informationen, die nicht in unser Weltbild passen systematisch aus! (Disconfirming Evidence)
Das ist gefährlich, weil Tatsachen nicht aufhören zu existieren, nur weil man ihnen mit Ignoranz begegnet.
Dessen ist sich auch Milliardär und Großinvestor Warren Buffett bewusst: „Was Menschen am besten können, ist, neue Informationen so zu filtern, dass bestehende Auffassungen intakt bleiben“
Vielleicht ist er so erfolgreich, weil er gerade das weiß.
Besonders in der Wirtschaft ist das fatal.
Beispiel: Ein Aufsichtsrat beschließt eine neue Strategie, die mehr Umsatz generieren soll, woraufhin sämtliche Anzeichen, die die Strategie stützen mit Euphorie entgegen genommen werden, aber gegenteilige Indizien entweder nicht wahrgenommen, oder als „Spezialfall“ deklariert werden.
Charles Darwin soll sich seit seiner Jugend darauf eingestellt haben den Confirmation Bias systematisch zu bekämpfen. Immer wenn etwas seiner Theorie widersprach, nahm er es besonders ernst.
Und trotzdem bleibt die Evolutionstheorie bis heute eine Theorie und wurde nie bewiesen!
Wie schwierig es ist diesen Denkfehler zu überwinden zeigt folgendes Experiment:
Ein Lehrer legte seinen Schülern die Zahlenreihe 3-5-7 vor und die Schüler sollten die zugrunde liegende Regel erraten, indem sie weitere Zahlen nennen. Sie durften so viele Zahlen nennen, wie sie wollten, aber die Regel nur einmal erraten.
Die Meisten antworteten darauf mit „9“, dann „11“, dann „13“ usw. Der Lehrer nickte dies jedesmal ab. Daraufhin waren sich die Schüler sicher, dass die Regel „jeweils 2 dazu addieren“ heißen musste, doch der Lehrer verneinte dies.
Ein einziger cleverer Schüler ging anders an die Sache ran.
Er probierte es mit „5“. Der Lehrer verneinte dies. Dann „9“, „8“, „-90“ usw bis ihm nichts mehr einfiel. Schließlich war seine Antwort „Die nächste Zahl muss höher als die Vorherige sein“. Der Lehrer strahlte und sagte, dass das die richtige Regel ist.
Was machte er anders als die Anderen?
Ganz einfach: Während die Anderen bloß ihre Theorie bestätigt haben wollten, versuchte er seine Theorie zu falsifizieren und suchte bewusst nach Disconfirming Evidence.
Ein kleiner aber feiner Unterschied.
8. The Confirmation Bias (Part 2)
(Kill your darlings)
Denkfehler 7 beschrieb ja einen der größten Denkfehler überhaupt. Dazu hier noch mehr.
Ohne Annahmen würde die Welt nicht funktionieren.
Egal ob jemand Philanthrop oder Misanthrop ist, jeder wird in der Welt Bestätigung für seine Theorie finden, aber fast keiner wird sich die Mühe machen seine Theorie zu falsifizieren. (Kleine Anmerkung: Ich denke, dass die Natur des Menschen gut ist und äußere Einflüsse uns erst zu „schlechten“ Menschen machen)
Wirtschaftsexperten und Astrologen treffen mit die schwammigsten Entscheidungen und ziehen daher Bestätigung für ihre Theorie, wie ein Magnet an.
„In den nächsten Wochen werden Sie kurzfristig traurig sein“ oder „Mittelfristig wird der Abwertungsdruck auf den Dollar zunehmen“
Dass jeder mal traurige Momente hat, oder, dass mittelfristig dabei nicht eindeutig von den Experten definiert wurde, wird dabei gerne vergessen.
Sehr stark wird es bei religiösen oder philosophischen Überzeugungen. Dadurch bieten diese hervorragenden Nährboden für den Confirmation Bias.
„Mein Gott ist der Richtige und dein Gott ist der Falsche!“ oder „Gott gibt es nicht“
Wirtschaftsjournalisten trifft es oft am schlimmsten. Sie stellen eine billige Theorie wie „Facebook ist so erfolgreich, weil die Firma eine Kultur der Kreativität lebt“ auf und fügen dem noch 2-3 Beispiele hinzu, fertig ist der Artikel.
Sie bemühen sich aber nicht um Disconfirming Evidence, sprich die Firmen rauszusuchen, die erfolgreich sind und keine Kultur der Kreativität leben.
Dann wäre der Artikel nämlich für die Tonne!
Die Gefahr besteht nur, wenn uns dieser Denkfehler nicht bewusst wird.
Was also tun?
Glaubenssätze aufschreiben und nach Disconfirming Evidence suchen!
Das wird harte Arbeit, ist aber notwendig, wenn man ein aufgeklärter Geist sein will.
9 The Authority Bias
(Warum du keinen Respekt gegenüber Autoritäten haben solltest)
In der Schule hab ich es schon immer gespürt ;).
Schöne Grüße an dieser Stelle an meine ehemaligen Lehrer.
Die Bibel lehrt uns, dass Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden, weil sie einer großen Autorität nicht gehorchten. Das wollen uns auch kleine Autoritäten wie Lehrer, Politiker, Ärzte, Börsengurus, Wissenschaftler und viele Experten glauben machen.
2 Probleme mit Autoritäten:
1. Sie liegen oft falsch (kein Ökonom sagt eine Finanzkrise exakt voraus), irren ist ja bekanntlich menschlich.
2. Man selbst verlernt kurz- oder auch langfristig das selbstständige Denken.
Autoritäten zu gehorchen, selbst dort wo es moralisch oder rational keinen Sinn macht, das nennt man Authority Bias.
Dazu führte der Psychologe Stanley Milgram ein Experiment durch:
Versuchspersonen wurden in diesem Experiment angehalten, einer anderen Person, die sich hinter einer Glasscheibe befand, Stromstöße zu verpassen, die sich in ihrer Intensität immer weiter verstärkten. Angefangen mit 15 Volt bis hin zu tödlichen 450 Volt.
(Es floss in Wahrheit kein Strom, die Person, die den Stromstoß erhielt war ein Schauspieler).
Selbst als der Schauspieler schrie wie am Spieß und die Versuchspersonen das Experiment abbrechen wollten, machten die Meisten weiter, weil Milgram sagte „Machen sie weiter, das gehört zum Experiment“
Aus reinem Autoritätsgehorsam ging mehr als die Hälfte auf vermeintliche 450 Volt. Nur aus reinem Autoritätsgehorsam! Das heißt praktisch, sie wären Mörder aus Autoritätsgehorsam geworden, wenn das kein Schauspiel gewesen wäre.
Noch lächerlicher wird es, wenn Autoritäten fachübergreifend ernst genommen werden!
Beispielsweise ein Fußballprofi macht Werbung für Autoreifen, oder ein Schauspieler für Kaffee.
Merke: Wann immer du einer Autorität begegnest, solltest du sehr kritisch sein. Je kritischer du bist, desto freier bist du und desto mehr Selbstwert erhältst du.
10. Der Kontrasteffekt
(Warum man seine hübsche Freundin zu Hause lassen sollte)
Wahrscheinlich kennst du folgendes Experiment:
Vor dir stehen 2 Eimer, links einer mit eiskaltem Wasser, rechts einer mit lauwarmen Wasser. Du tauchst deine linke Hand jeweils eine Minute in den linken Eimer. Danach tauchst du beide Hände in den Eimer mit lauwarmen Wasser.
Was passiert?
Links fühlt sich das Wasser heiß an und rechts lauwarm.
Das ist der Kontrasteffekt.
Durch den Kontrasteffekt beurteilen wir etwas als schöner, größer, wertvoller etc., wenn wir zugleich etwas Hässliches, Kleines oder Billiges neben uns haben.
Wir tun uns schwer mit absoluten Beurteilungen!
4000 Euro Ledersitze sind schließlich nicht viel für ein 80000 Euro teures Auto oder?
Eine Täuschung, die die Kassen der Autobauer klingeln lässt.
Experimenten zufolge sind Leute bereit einen zehnminütigen Fußweg auf sich zu nehmen, um bei einem Lebensmittel 10 Euro zu sparen, aber niemand kommt auf die Idee, denselben Weg zu nehmen, um einen Anzug für 989€ statt 999€ zu kaufen.
Vollkommen irrational, weil 10 Minuten einfach 10 Minuten und 10 Euro einfach 10 Euro sind.
Werbung, die uns mit wunderschönen Frauen bombardiert, lässt selbst schöne Frauen nur mäßig attraktiv erscheinen.
Wenn du als Frau also auf der Suche nach einem Mann bist, dann solltest du keine hübschen Freundinnen mitnehmen, sondern alleine gehen.
Noch besser: 2 hässliche Freundinnen mitnehmen 😉
11. The Availability Bias
(Warum du lieber einen falschen Stadtplan als gar keinen nimmst)
„Er hat sein Leben lang 3 Schachteln Zigaretten täglich geraucht und wurde über 100 Jahre alt“ Wie oft hast du sowas schon als Beweis für dies und das gehört?
Klassischer Fall des Availability Bias und beweist höchstens, dass derjenige nicht selbstständig nachdenkt.
Wenn man jemanden fragt, ob es im Deutschen mehr Wörter gibt, die mit einem R beginnen, oder mehr, die mit einem R enden, so wird er wahrscheinlich sagen, dass es mehr gibt, die mit R beginnen.
Tatsächlich existieren aber mehr als doppelt so viele Wörter, die mit R enden, als jene, die mit einem R beginnen.
Warum liegen die Meisten hier falsch? Weil Wörter die mit R anfangen „verfügbarer“ sind. Sie fallen uns einfach schneller ein.
Wir machen uns die Dinge gerne einfach und bilden darauf unser Weltbild.
Der Availability Bias versetzt unserem Denken eine falsche Risikokarte. Durch ihn überschätzen wir regelmäßig das Risiko für Mord, Autounfall und Flugzeugabsturz und unterschätzen das Risiko für Diabetis oder Magenkrebs.
Wir machen das, weil wir automatisch Allem was „laut“ oder „grell“ ist eine höhere Wahrscheinlichkeit zuschreiben. Allem was stumm und nicht sichtbar ist, wird eine geringere Wahrscheinlichkeit zugetragen.
Lautes und Grelles ist einfach Verfügbarer.
Ärzte fallen dem Availability Bias besonders häufig zum Opfer, also hier besonders vorsichtig sein, wenn dieser seine Diagnosen stellt.
12. Die Es-wird-schlimmer-bevor-es-besser-wird-Falle
(Pass auf, wenn jemand von einem steinigen Weg spricht)
Wenn dir jemand erzählt, dass eine bestimmte Sitution erst schlimmer werden muss, bevor sie besser wird, dann sollten bei dir alle Alarmglocken läuten!
Sicherlich gibt es Situationen auf die das zutrifft, aber oft handelt es sich hierbei eher um einen Fall, bei dem der Verantwortliche keine Ahnung von seinem Vorhaben hat.
Daher bedient er sich einer besonderen Variante des Confirmation Bias, nämlich der „Es-wird-schlimmer-bevor-es-besser-wird-Falle“
Wird die Situation schlimmer, kann er sich im Recht sehnen. Wird sie besser, dann ist es auch recht.
Gefährlich wird es, wenn ein ausländischer Arzt dir auf einer Urlaubsreise irgendwelche Medikamente verschreibt, weil du eine Blinddarmerkrankung hast und er aber in Wirklichkeit keine Ahnung von seinem Werk hat. Dann wirst du nämlich vielleicht daran sterben, wenn du nicht rechtzeitig eine Operation bekommst.
Solltest du unerwarteterweise eine hohe Stellung in einem politischen Amt ergattern, kannst du dir dieses Wissen zunutze machen und behaupten, dass die nächsten Jahre erst heikel werden müssen, bevor Besserung kommt.
Somit hast du deine Stellung gesichert und bist in allen möglichen Fällen abgesichert.
Ob da Parallelen zur Realität bestehen? 😉
13. The Story Bias
(Warum selbst die wahren Geschichten lügen)
Im Nachhinein ist man immer schlauer nicht wahr?
Daran knüft auch der Story Bias. Er besagt, dass wir Menschen gerne Geschichten erzählen, um uns die Welt zu vereinfachen. Aber damit verzerren wir sie.
Vor der Philosophie kam schließlich die Mythologie.
Heutzutage ist es klar, dass Harry Potter zum Bestseller werden oder der Eiserne Vorhang fallen musste. Doch damals war das Niemandem klar.
Oder warum der Pechvogel, der noch nie Glück in seinem Leben hatte, über die neue Brücke fuhr und sie daraufhin einstürzte. Die Medien würden dies zu einer emotionalen Geschichte verpacken und auf seinem Dasein als Pechvogel rumreiten. Dass aber einfach nur die Konstruktion der Brücke relevant ist und nicht das bisherige Leben des Pechvogels, wird dabei ausgeblendet.
Warum ist das so? Weil unser Gehirn die Dinge mit Emotionenen verknüpfen will.
Dazu ein einfaches Beispiel:
An welche „Geschichte“ werden sich die meisten Menschen wohl eher erinnern?
1. Der König starb, und dann starb die Königin.
2. Der König starb und dann starb die Königin vor Trauer.
Logisch wäre es sich besser an die erste Geschichte erinnern zu können, weil der Tatsachenbericht kürzer ist.
Jedoch fehlt hier die emotionale Verknüpfung zum Geschehen, weshalb die zweite Geschichte einfacher zu merken ist, da diese eine emotionale Komponente enthält.
Zersetz die Geschichten also lieber in ihre Einzelteile und frag dich was sie verbergen wollen. Somit kannst du bessere Entscheidungen treffen.
14. Der Rückschau Fehler
(Warum du Tagebuch führen solltest)
Das „Ich-hab-es-schon-immer-gewusst-Phänomen“, dieser Denkfehler hält sich sehr hartnäckig.
Der Rückschaufehler gibt uns ein positives Gefühl, er lässt uns nämlich glauben, dass wir mehr vorhersagen können, als wir wirklich können und führt dadurch zu Arroganz und schlechten Entscheidungen.
Lies mal die Wirtschaftsprognosen aus dem Jahr 2007. Die Aussichten für die Jahre 2008-2010 waren eigentlich sehr positiv. Aber ein Jahr später flog uns das gesamte System um die Ohren.
„Die Hypotheken wurden zu locker vergeben“, „die Eigenkapitalvorschriften waren zu lasch“, „Die Ratingagenturen waren vor Kurruption nicht gefreit“
Rückblickend macht alles durchaus Sinn und niemand kann sich einen anderen Ausgang als den Crash für das damalige Geschehen vorstellen, doch damals hat kein einziger Ökonom den genauen Ablauf vorhergesagt.
Keine Expertengruppe leidet so stark unter diesem Phänomen, wie die Ökonomen.
Damit dir das nicht passiert:
Führe ein Tagebuch und schreibe deine Prognosen zu allen möglichen Themen auf. Gleiche sie regelmäßig mit der tatsächlichen Entwicklung ab und werde dir darüber bewusst, dass deine Glaskugel höchstens als Dekoration taugt.
15. Das Chauffeur Wissen
(Warum du Nachrichtensprecher nicht ernst nehmen solltest)
Max Planck ging in Deutschland auf Tournee als er 1918 den Nobelpreis für Physik bekam. Nach unzähligen Vorträgen fragte ihn sein Chauffeur, ob ihm nicht inzwischen langweilig sei, weil er immer denselben Vortrag hielt und der Chauffeur ihn auswendig konnte. Er schlug vor, dass sie die Rollen tauschen sollten und der Chauffeur den nächsten Vortrag halten sollte. Irgendwann fragte ein Professor etwas und der Chauffeur antwortete darauf, dass er es nie für möglich gehalten hätte, dass er in einer fortschrittlichen Stadt wie München so eine Frage gestellt bekommen würde. Daraufhin verwies er die Frage an seinen „Chauffeur“ Planck.
Nach Charlie Munger existieren zwei Arten von Wissen. Echtes Wissen, das mit viel Zeitaufwand und Denkarbeit erworben wurde und Chauffeur-Wissen.
Warum Chauffeur-Wissen? Weil in Mungers Branche viele Unwissende anderen Leuten vermitteln können, dass sie wissend seien, wenn sie rhetorische Meisterleistungen hinlegen.
Allgemein wird es leider von Jahr zu Jahr schwieriger das echte Wissen vom Chauffeur-Wissen zu unterscheiden. Es gibt eine Berufsgruppe, bei der es jeder weiß, dass sie schauspielern.
Nachrichtensprecher!
Bei Journalisten ist es schon schwieriger. Zum einen gibt es die Kategorie, die sich über Jahre solides Wissen angeeignet hat, weil sie wirklich bemüht ist den Sachverhalt zu verstehen.
Zum anderen (mehrheitlich) gibt es die Kategorie, die mithilfe des Internets fix irgendwelche Artikel herbeizaubert und sich damit in die Chauffeur Kategorie einordnet.
Wie unterscheidest du jetzt zu deinem Schutz die beiden Kategorien?
Ganz einfach:
Wirklich Wissende wissen, was sie wissen und was sie nicht wissen. Wenn sie etwas nicht wissen, geben sie es ohne zu murren zu, manchmal sogar mit einem Hauch von Stolz.
„Chauffeure“ würden das nie tun.
16. Die Kontrollillusion
(Du hast weniger unter Kontrolle als du glaubst)
Es war einmal ein Mann, der jeden Tag auf einem großen öffentlichen Platz erschien, um mit seiner blauen Mütze hin und her zu wedeln. Nach wenigen Minuten hörte er wieder damit auf und verschwand.
Eines Tages ging ein Polizist auf ihn zu und fragte ihn was er da macht.
Er antwortete, dass er die Wildschweine von hier vertreibt.
Der Polizist schaute ihn daraufhin verdutzt an und sagte, dass es hier gar keine Wildschweine gibt.
„Tja, dann mach ich wohl einen guten Job“ sagte der Mann mit der blauen Mütze und ging.
Geht es dir vielleicht auch manchmal so?
Vielleicht hast du dir schon mal ein Fußball Spiel angesehen und dabei mit dem Bein eine Schussbewegung imitiert, in der Hoffnung das Spiel so zum Positven zu beeinflussen?
Oder du hast im Casino die Würfel besonders kräftig geworden, weil du eine hohe Zahl erreichen wolltest?
Das machen nachweislich viele Menschen und es fällt damit unter den Denkfehler „Kontrollillusion“.
Die Kontrollillusion ist nämlich die Tendenz zu glauben, dass wir etwas kontrollieren oder beeinflussen können, über das wir objektiv keine Macht haben.
Wer in Manhatten eine Ampel überqueren möchte und auf den Ampelknopf drückt, drückt auf einen Knopf ohne jegliche Funktion.
Warum ist er dann überhaupt da? Weil er den Menschen das Warten erträglicher macht. Sie fühlen sich besser, wenn sie die Illusion von Kontrolle haben.
Dieses Phänomen machen sich auch clevere Techniker zunutze, indem sie auf jeder Etage einen falschen Temperaturregelungsknopf installieren. Somit ist es für die Fraktion „Mir ist zu kalt“ und „Mir ist zu warm“ jeweils erträglicher.
Hätte es sowas in meiner Schule gegeben, hätte ich mich vielleicht nicht jedes Mal auf einen Kleinkrieg in der Diskussion „Heizung an oder Heizung aus?“ einlassen müssen ;).
Wie ist es mit dir? Hast du dein Leben im Griff? Wahrscheinlich weniger als du glaubst. Eher bist du der Mann mit der blauen Mütze.
Deshalb: Konzentrier dich lieber auf die wenigen Dinge, die du wirklich im Griff hast und selbst da sortierst du lieber nach dem Pareto-Prinzip aus.
17. Die Incentive-Superresponse Tendenz
(Bezahle deinen Anwalt nie nach Aufwand!)
Ein altes Sprichwort lautet: „Frage nie einen Friseur, ob du einen Haarschnitt brauchst“
Sehr klug, wenn du mich fragst und hat auch viel mit unserem nächsten Denkfehler zutun.
Die Incentive-Superresponse-Tendenz besagt zunächst einfach nur, dass wir Menschen auf Anreizsysteme reagieren.
Interessant ist hierbei aber, dass zwei Nebeneffekte dazu kommen.
1. Dass Menschen sehr schnell und radikal ihr Verhalten ändern, wenn Anreize hinzukommen.
2. Dass Menschen auf die Anreize reagieren und nicht auf die dahinter liegende Absicht.
Dazu hier zwei Beispiele:
Die französische Konolialherrschaft in Hanoi verabschiedete ein Gesetz, das besagte, dass man Geld für jede tote Ratte bekam, die man ablieferte. Damit wollte man die damalige Rattenplage eindämmen.
Das Gesetz führte aber dazu, dass Raten gezüchtet wurden.
Als 1947 die Schriftrollen vom toten Meer entdeckt wurden, setze man einen Finderlohn für jedes Stück Pergament aus.
Resultat war, dass die Pergamente zerrissen wurden, um ihre Anzahl zu erhöhen.
Tolle Pläne nicht wahr?
Gute Anreizsysteme bringen Absicht und Anreiz in Einklang. Zum Beispiel war es im alten Rom so, dass ein verantwortlicher Ingenieur bei Eröffnung einer Brücke unter ihr stehen musste.
Einen besseren Anreiz als das eigene Leben gibt es wohl kaum.
Die Anreize müssen nicht mal zwangsläufig realistisch sein.
Wenn du kürzlich in die westliche Welt gekommen bist, könnte ein Beispiel dafür sein, dass du für XYZ, 72 Jungfrauen im Paradies bekommst ;).
Fazit: Es ist unklug Anwälte, Architekten, Berater, Fahrlehrer oder Wirtschaftsprüfer nach Aufwand zu bezahlen. Diese Leute haben ein Interesse daran, möglichst hohen Aufwand zu generieren!
Sei stets auf der Hut und frag dich, ob hinter idiotischem Verhalten nicht einfach nur ein spezielles Anreizsystem steckt.
18. Die Regression zur Mitte
(Die zweifelhafte Leistung von Beratern, Ärzten, Lehrern etc.)
Es waren einmal zwei Männer.
Der eine war ein durchaus angesehender Tennisspieler, der sehr von seinem überragenden Trainer schwärmte. Jedes Mal, wenn ein Spiel schlecht lief, buchte er ein Training bei ihm und wie durch Zauberhand verbesserte sich seine Leistung schlagartig beim nächsten Spiel.
Der andere Mann war professioneller Trader an der Börse, der einen eigenen Glückstanz entwickelte. Immer wenn er schlechte Trades machte, ging er nach Hause in seinen Hobbyraum und tanzte seinen Glückstanz. Wie durch Zauberhand verbesserte sich auch seine Performance nachweislich.
Was die beiden verbindet ist der der Trugschluss des „Regression-zur-Mitte-Irrtums“
Nehmen wir mal an, dass du morgen den kältesten Tag des Jahres an deinem Wohnort erlebst. Höchstwahrscheinlich wird die Temperatur die darauffolgenden Tage ansteigen, und zwar in Richtung des jährlichen Mittelwertes.
Dasselbe Prinzip gilt für Prüfungsnoten, Sportleistungen, Liebesglück, Hitzeperioden, Börsenleistungen usw.
Alles schwankt um einen Mittelwert herum.
Extremleistungen wechseln sich mit weniger extremen ab. Die erfolreichste Aktie der letzten Jahre wird es wahrscheinlich nicht mehr die nächsten Jahre sein.
In diese Falle tappen auch Lehrer sehr gerne.
Sie loben Schüler mit Bestnoten und tadeln Schüler mit schlechten Prüfungsergebnissen.
In der nächsten Prüfung werden rein statistisch betrachtet wahrscheinlich andere Schüler die alten Plätze einnehmen. Daraus schließen die Lehrkräfte, dass loben schadet und tadeln hilft.
Sei also auf der Hut, wenn Sätze wie „Als ich krank war ging ich zum Arzt und wurde danach gesund“ fallen. Solche Dinge unterliegen natürlichen Schwankungen
19. Die Tragik der Allmende
(Warum Vernünftige nicht an die Vernunft appellieren)
Stell dir einen Bauern in der Schweiz vor, der in einer Stadt wohnt, in der ein großes, saftiges Stück Weide steht. Man darf erwarten, dass jeder Bauer so viele Kühe wie möglich auf diese Weide schicken möchte. Das funktioniert auch, solange die Anzahl der Kühe einen bestimmten Wert nicht überschreitet und das Land damit ausbeutet.
Der eine Bauer versucht natürlich seinen Gewinn zu maximieren und die maximale Zahl an Kühen auf die Weide zu bringen.
Er fragt sich welchen Nutzen er pro Kuh auf der Allmende hat. Es ergibt sich logischerweise ein Nutzen von einer zusätzlichen Kuh für ihn, aber der Nachteil der Überweidung wird von allen getragen. Aus egoistischer Sicht macht es für den Bauern Sinn die Kuh auf die Weide zu schicken, weil sein Nutzen mit ihr ja größer ist als der Nachteil der Überweidung für ihn.
Der Irrtum besteht darin, dass man auf die Selbstlosigkeit des Bauern zählt und hofft er würde „vernünftig“ handeln.
Durch den Großteil der Menschheitsgeschichte standen uns fast unbegrenzte Ressourcen zur Verfügen und wir verbrachten unsere Zeit in kleinen Gruppen (bis 50 Menschen).
Ist man in dieser kleinen Gruppe negativ aufgefallen, weil man nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht war, musste man mit harten Konsequenzen rechnen.
Dadurch hat sich dieses Verhalten an kleine Gruppen angepasst.
Oder würdest du den Kühlschrank deiner Freunde auf einer Party plündern? Wahrscheinlich nicht, denn du wärst dann der Buhmann.
Übersteigt die Zahl der Menschen 100 Personen wird es meist kritisch, ab jetzt ist egoistisches Verhalten nicht mehr direkt sichtbar.
Der Tragik der Allmende besteht überall dort, wo der Nutzen beim Individuum und die Kosten bei der Gemeinschaft liegen.
Denk an öffentliche Toiletten, die Abholzung des Regenwaldes oder Wasserverschmutzung.
Laut Garrett Hardin gibt es für dieses Problem nur 2 Lösungen.
Privatisierung oder Management.
Im obigen Beispiel würde das bedeuten, dass entweder die Weide in private Hände gegeben wird oder der Zugang geregelt wird.
20. The Outcome Bias
(Beurteile eine Entscheidung nie nach ihrem Ergebnis)
Ein Gedankenexperiment. Man nehme 1000 Affen, die wild an der Börse spekulieren und rein zufällig Aktien kaufen und verkaufen.
Was passiert?
Nach einem Jahr hat ungefähr die Hälfte Gewinn eingefahren und die andere Hälfte Verlust. Nächstes Jahr wieder dasselbe Spiel.
Nach 10 Jahren wird ein einziger Affe vermeintlich immer genau richtig investiert haben.
Schon stürzen sich alle Klatschblätter auf diesen Affen, um sein Erfolgsrezept zu ergründen.
Isst er andere Bananen als die anderen Affen? Hat sein Käfig vielleicht eine besondere Aura um sich herum? Die Medien denken sich, dass jemand der 10 Jahre richtig investiert hat doch nicht nur ein ganz normaler Affe sein kann, richtig?
An diesem Beispiel erkennt man den „Outcome Bias“, auch als Historikerirrtum bekannt.
Ein anderes Beispiel wäre der damilge Angriff auf Pearl Harbor.
Hätte man evakuieren sollen oder nicht? Frag ich dich heute sagst du ganz klar, dass man hätte evakuieren müssen. (Außer du bist vielleicht Japaner;))
Damals gab es aber leider viele widersprüchliche Signale. Die Einen meinten, dass es einen Angriff geben wird, die anderen meinten, dass es keinen Angriff geben wird.
Um über die Qualität der Entscheidung richtig urteilen zu können, müsste man sich in die damalige Situation hineinversetzen und alles herausfiltern, was man erst im Nachhinein erfahren hat, insbesondere den tatsächlichen Angriff.
Beurteile eine Entscheidung also nie aufgrund ihres Ergebnisses.
Ein gutes Ergebnis bedeutet nicht automatisch, dass die Entscheidung gut getroffen wurde – und umgekehrt.
Anstatt sich also für eine Entscheidung auf die Schulter zu klopfen, die vielleicht rein zufällig zum Erfolg geführt hat, oder sich über ein schlechtes Ergebnis zu ärgern, solltest du schauen, warum du so entschieden hast.
Hast du aus rationalen Gründen so entschieden und hattest einfach nur Pech?
Dann ist es schlau nächstes Mal wieder so zu entscheiden.
21. Das Auswahl-Paradox
(Warum weniger mehr ist)
Auswahl ist die Messlatte des Fortschritts und ist das was uns von der Steinzeit und Planwirtschaft unterscheidet.
Ja die Auswahl macht definitv glücklich, aber nur bis zu einer bestimmten Grenze.
„Paradox of Choice“ heißt das in der Fachsprache, oder in Deutsch „Auswahl-Paradox“
Im Buch „Anleitung zur Unzufriedenheit“* beschreibt Barny Schwartz warum das so ist.
Insbesondere 3 Gründe sind dafür ausschlaggebend:
1. Große Auswahl führt zu innerer Lähmung
2. Große Auswahl führt zu schlechteren Entscheidungen
3. Große Auswahl führt zu Unzufriedenheit
Was also tun?
Ganz einfach: Die wichtigsten Auswahlkriterien nach dem Paretoprinzip aufschreiben und strikt daran halten.
22. The Liking Bias
(Du machst Dummheiten, weil du geliebt werden willst)
Hast du auf Plakaten von Hilfsorganisationen schon mal einen verwundeten Guerillakrieger gesehen?
Nein?
Auf WWF_Prospekten Spinnen, Würmer, Bakterien oder Algen?
Auch nicht?
Sind die oben genannten Tiere für unser Ökosystem nicht vielleicht genau so wichtig wie Koalas, Robben oder Pandas?
Bestimmt, aber sie sind uns leider nicht ähnlich genug, um mit ihnen werben zu können.
Wir Menschen verfallen nämlich leicht dem eigentlich leicht zu durschauenden „Liking Bias“ oder „Ich-mag-Sie-Denkfehler“
Verkaufstalente wie Joe Girad (einem der erfolgreichsten Autoverkäufer der Welt) wissen das.
„Nichts funktioniert besser, als dem Kunden glauben zu machen, dass man ihn wirklich mag“ lautet sein Motto sinngemäß.
Je sympatischer uns jemand ist, desto eher sind wir geneigt von demjenigen etwas zu kaufen.
Was heißt sympatisch?
Laut Wissenschaft, wenn jemand
A) äußerlich attraktiv ist,
B) uns im Bezug auf Persönlichkeit, Interessen und Herkunft ähnelt,
und C), wenn sie UNS sympatisch findet.
A) In der Werbung werden viele attraktive Menschen eingesetzt
B) Hinzu kommen Menschen, die uns ähneln in Dialekt und Background
C) „Weil Sie es wert sind“ hört man gerne und macht sympatisch.
Komplimente hört man gerne, auch wenn sie komplett gelogen sind.
Verkäufer spiegeln gerne die Körpersprache ihres Gegenübers, um einen Verkaufsabschluss zu generieren.
Frauen spiegeln die Körpersprache eines Mannes, um seine Sympathie zu gewinnen.
Politiker erzählen uns was wir hören wollen, um gewählt zu werden.
Fazit: Einen Deal solltest du immer unabhängig vom Verkäufer beurteilen. Stell dir den Verkäufer unsympatisch vor oder denk ihn dir ganz weg und schau, ob der Deal immer noch so gut aussieht.
23. Der Endowment-Effekt
(Klammer dich nicht an die Dinge)
Loszulassen ist oft schwerer als zu behalten.
Was für verlorene Liebe gilt ist auch bei materiellen Dingen nicht anders.
Warum fällt es Liebhabern von Uhren, Briefmarken oder Kunst so schwer untereinander zu tauschen?
Weil sie dem Endowment-Effekt unterliegen.
Der Endowment-Effekt besagt, dass wir etwas als wertvoller betrachten, sobald es in unserem Besitz ist.
Anders ausgedrückt: Wenn wir etwas verkaufen wollen, dann verlangen wir mehr Geld, als wir selbst bereit wären dafür auszugeben.
Aus diesem Grund fallen auch viele Hausbesitzer aus allen Wolken, wenn sie ihr Haus verkaufen wollen. Durch ihre emotionale Bindung zum Objekt, schätzen sie dessen Wert höher ein, als dessen handelsüblichen Marktpreis. Sie empfinden die Preise fast schon als Frechtheit, der potenzielle Käufer soll sozusagen die emotionale Bindung mitbezahlen – was natürlich absurd ist.
Dan Ariely hat dazu folgendes Experiment durchgeführt:
Er verloste Eintrittskarten für ein wichtiges Basketballspiel an einige seiner Studenten. Diejenigen die leer ausgegangen waren wurden anschließend von ihm befragt, wie viel sie bereit wären für eine Karte zu bezahlen. 170 Dollar waren die meisten dafür bereit hinzulegen. Dann fragte er die Gewinner der Karten, wie viel Geld man ihnen geben müsste, damit sie ihre Karte verkaufen. Der Durschnittsverkaufspreis lag bei 2.400 Dollar.
Dass der Endowment-Effekt auch zuschlägt, sobald etwas in unserem Fast-Besitz ist, kommt den Auktionshäusern ebenso zugute.
Wer zum Ende hin noch mitbietet bekommt das Gefühl, dass ihm das Objekt der Begierde schon so gut wie gehört.
Er ist plötzlich bereit mehr zu bezahlen, als er sich ursprünglich vorgenommen hat.
Bewirbt man sich um einen Job und bekommt eine Absage, ist die Enttäuschung oft groß.
Noch größer ist sie aber meist, wenn man erfährt, dass man es bis zur Endausscheidung geschafft hat – unberechtigterweise. Denn entweder man hat den Job bekommen oder eben nicht.
Fazit: Wir kommen mit Nichts auf die Welt und gehen auch wieder mit Nichts. Klammern wir uns zu sehr an die Dinge, führt das oft zu irrationalen Entscheidungen. Geh nicht zu ernst an die Sache ran. Bau lieber dein Wissen aus, denn das kann dir niemand mehr nehmen, selbst, wenn du alles andere verlierst.
24. Das Wunder
(Warum wir unwahrscheinliche Ereignisse brauchen)
Im März 1950 sollten sich 15 Mitglieder eines Kirchenchors in Nebraska um 19:15 zur Probe treffen.
Aus verschiedenen Gründen waren alle verspätet. Einer hatte Probleme mit seinem Auto, ein anderer mit seinen Kindern und einer schlief nach dem Essen ein.
Um 19:25 explodierte die Kirche.
Wie durch ein Wunder kam niemand ums Leben.
Die Feuerwehr führte das Explodieren auf ein Gasleck zurück. Die Chormitglieder waren aber davon überzeugt, dass sie ein Zeichen Gottes erhielten.
Gottes Eingreifen oder Zufall?
Kerstin und Andrea sind vor 20 Jahren gemeinsam zur Schule gegangen und haben sich seitdem nie mehr gesehen. Inzwischen haben beide Familie und sind mit anderen Dingen beschäftigt. Eines Samstagabends denkt Kerstin an ihre alte Schulfreundin Andrea. Am nächsten Tag ruft Kerstins ehemalige Freundin an und erkundigt sich wie es ihr geht.
„Das muss Telepathie sein“ rief Kerstin Andrea zu
Zufall oder Telepathie?
Wie wahrscheinlich sind solche Geschichten?
C.G. Jung sah darin das Wirken einer unbekannten Kraft, welche er als Synchronizität bezeichnete.
Wie geht man unvoreingenommen an die Sache heran?
Beispiel erster Fall:
Man nimmt sich ein leeres Blatt Papier und schreibt alle möglichen Fälle auf.
A: Chor verspätet, Kirche explodiert
B: Chor verspätet, Kirche explodiert nicht
C: Chor nicht verspätet und Kirche explodiert
D: Chor nicht verspätet und Kirche explodiert nicht
Schreib die geschätzten Häufigkeiten dazu auf.
Erkenne wie viele Millionen mal ein Chor schon in eine Kirche gegangen ist, die nicht explodiert ist. Nun scheint der erste Fall gar nicht mehr so abwegig.
Im Gegenteil: Es wäre sogar unwahrscheinlich, wenn in einem Jahrhundert nie eine Kirche explodieren würde.
Warum sollte Gott auch eine Kirche sprengen?
So auch bei Kerstin und Andrea. Wie oft hat Kerstin schon an Andrea gedacht und sie hat nicht angerufen?
Menschen denken zu etwa 90% ihrer Zeit an andere Menschen. Es wäre unwahrscheinlich, wenn nie jemand anrufen würde, an den man gerade denkt.
Wobei ich zu „übernatürlichen“ Phänomenen dieses Buch hier* wärmstens empfehlen kann.
Fazit: Unwahrscheinliche Zufälle sind genau das was sie sind, nämlich unwahrscheinlich!
Es ist nicht überraschend, wenn sie vorkommen, es ist eher überraschend, wenn sie nie vorkommen.
25. Gruppendenken
(Warum Konsens oft gefährlich ist)
Wie ist es möglich, dass eine Gruppe intelligenter Menschen dumme Entscheidungen trifft?
Antwort: Gruppendenken. Jeder passt seine Meinung dem vermeintlichen Konsens an.
So kommen Entschiedungen zustande, die jedes einzelne Gruppenmitglied unter normalen Umständen ablehnen würde.
Hast du bei einem Meeting schon mal deine Meinung zurückgehalten? Kam bestimmt schon mal vor!
Wahrscheinlich hast du nichts gesagt und einfach nickend zugestimmt. Vielleicht warst du dir deiner Meinung ja nicht ganz sicher oder wolltest nicht (schon wieder) der Störenfried sein.
Das wäre ein Beispiel für das Gruppendenken.
Das Gruppendenken ist ein Spezialfall des vierten Denkfehlers (Social Proof).
Alle Fiaskos, wo das Gruppendenken zu Tage kommt, haben eins gemeinsam.
Immer unterlag die Gruppe der Illusion, dass sie unverletzlich sei und strahlte dies auf die Beteiligten aus.
Das Unterbewusstsein des Individuums sagt daraufhin „Wenn alle einer Meinung sind und meine davon abweicht, dann muss meine Meinung falsch sein“
So entsteht auch die Illusion der Einstimmigkeit in der Gruppe.
Gruppendenken kommt auch in der Wirtschaft vor. Beispielsweise beim Kollaps der Swissair im Jahre 2001. Eine verschworene Beratergruppe baute voller Euphorie durch vergangene Erfolge, einen so starken Konsens auf, dass anderweitige Meinungen erst gar nicht geäußert wurden.
Schwups… Kollaps. So schnell kann es gehen.
Deshalb: Äußere deine Meinung unbedingt, wenn du dich in einer verschworenen Gruppe mit starkem Konsens befindest, auch wenn sie nicht gerne gehört wird.
Hinterfrage die Annahmen der Gruppe.
Falls du eine Gruppe führst, solltest du eine Person zum Advocatus Diaboli bestimmen. Sie wird nicht die Beliebteste, aber wahrscheinlich die Wichtigste sein.
26. The Neglect of Probability
(Warum die Jackpots immer mehr zunehmen)
2 Verschiedene Glücksspiele:
Im ersten kannst du 10 Tausend Euro gewinnen, im zweiten 10 Millionen Euro.
Die Wahrscheinlichkeit im ersten Spiel zu gewinnen beträgt eins zu 10000. Im zweiten Spiel eins zu 100 Millionen.
Wo spielst du lieber mit?
Emotional zieht es dich zum Zweiten Spiel, weil dessen Einschnitte in dein Leben wahrscheinlich extrem wären. Du würdest deinen Job an den Nagel hängen und nur noch von der Rendite leben. Objektiv betrachtet macht das erste Spiel aber mehr Sinn, weil dessen Gewinnchancen zehn mal höher sind.
Darauf beruht der Trend zu immer größeren Jackpots im Lotto. Unsere Emotionen bringen uns zum Lottospielen, obwohl es objektiv betrachtet keinen Sinn macht.
Anderes Beispiel:
In einer Studie von 1972 wurden die Teilnehmer eines Laborexperiments in zwei Gruppen eingeteilt.
Gruppe A bekam mit 50%iger Wahrscheinlichkeit einen Stromstoß, Gruppe B mit 100%iger.
Gemessen wurde die körperliche Erregung der Probanden (Puls, Zittern etc.) und zwar kurz vor dem besagten Zeitpunkt.
Was glaubst du wie groß war der Unterschied? 50%?
Nein! Es gab gar keinen Unterschied. Die Probanden waren genau gleich stark erregt.
Die Wahrscheinlichkeit der ersten Gruppe wurde immer weiter gesenkt. Immer noch tat sich nichts.
Dann wurde die Stärke des zu erwartenden Stromstoßes erhöht. Dadurch erhöhte sich die Erregung beider Gruppen.
Das bedeutet, dass wir auf das erwartete Ausmaß eines Ereignissen reagieren und nicht auf dessen Wahrscheinlichkeit. Uns fehlt sozusagen ein intuitives Verständnis für Wahrscheinlichkeit.
Erst das Risiko von 0% bei Gruppe A bewirkte einen Unterschied. Dazu mehr im nächsten Denkfehler.
Fazit: Zwischen verschiedenen Risiken entscheiden wir schlecht, es sei denn das Risiko ist 0%. Deshalb ist es wichtig, dass wir rechnen. Bei Lotto eigentlich einfach, im normalen Leben schwierig.
27. The Zero-Risk Bias
(Warum du zu viel für das Nullrisiko bezahlst)
Stell dir vor du bist freundlicherweise von der Mafia zum russischen Roulette eingeladen.
Im Revolver ist Platz für sechs Patronen, du musst die Trommel drehen und den Abzug ziehen.
1. Frage: Du weißt, dass sich 4 Patronen im Revolver befinden. Wie viel würdest du bezahlen, um 2 entfernen zu lassen?
2. Frage: Wenn du weißt, dass sich nur eine einzige Patrone im Revolver befindet, wie viel wärst du jetzt bereit zu zahlen, um eine Patrone zu entfernen?
Wahrscheinlich ist der Fall klar, du würdest mehr für den zweiten Fall bezahlen, weil hier das Todesrisiko auf Null sinkt.
Objektiv betrachtet macht das aber wenig Sinn, da man im ersten Fall sein Todesrisiko um 2/6 senkt um im zweiten nur um 1/6. Logisch wäre es also für den ersten Fall doppelt so viel zu bezahlen.
Je emotionaler ein Thema, desto weniger beruhigend ist eine Senkung des Risikos.
Zwei Forscher an der Universität von Chicago haben gezeigt, dass Das Risiko für eine Verschmutzung durch toxische Chemikalien immer gleich gefürchtet wird (abgesehen vom Nullrisiko).
Völlig egal ob das Risiko 1% oder 99% beträgt.
Wir sind bereit übermäßig viel für das Nullrisiko zu bezahlen. In fast allen Fällen wäre es klüger gewesen, das zu viel gezahlte Geld für die größere Reduktion eines anderen Risikos zu bezahlen.
Sinn macht es nur, wenn die Konsequenzen riesig sind.
Beispielsweise, falls anderweitig gefährliche Viren aus Biolaboren austreten könnten oder deine Partnerin erfahren könnte, dass dich eine andere Frau aus dem Augenwinkel angeguckt hat ;).
Fazit: Sag dem Nullrisiko „good bye“ und lerne damit zu leben.
28. Der Knappheitsirrtum
(Warum Kekse leckerer sind, wenn Wenige vorhanden sind)
Was haben eine Schülerparty in den USA und die Liebe zwischen Romeo und Julia gemeinsam?
Beides sind so begehrt, weil sie etwas Verbotenes enthalten.
Auf der Party gibt es Alkohol, dessen Konsum unter 21 Jahren in den USA nicht erlaubt ist und die Liebe zwischen Romeo und Julia ist sowieso verboten.
Die Anziehungskraft einer Option steigt, wenn diese Option wegfällt, oder droht wegzufallen.
Warum erzählen uns Immobilenmakler wohl, dass das begehrte Haus auch noch andere Interessenten hat?
Anderes Beispiel: Um die Qualität von Keksen zu beurteilen wurden zwei Personengruppen von Professor Stephen Worchel eingeteilt.
Die eine Gruppe erhielt eine ganze Schachtel Kekse, die andere Gruppe bekam lediglich 2 Kekse.
Ergebnis: Die zweite Gruppe schätzte die Qualität der Kekse höher ein (der Versuch wurde mehrmals wiederholt).
„Nur so lange der Vorrat reicht“ heißt es doch so schön in der Werbung oder?
Aus diesem Grund bekomme ich nie meine geliebte Weidebutter mit Rabatt, weil alle sich wegen dieser Werbung auf sie stürzen.
Also: Es ist typisch für uns Menschen auf die Verknappung eines Gutes mit dem Verlust des klaren Denkens zu reagieren.
Die Beurteilung sollte ausschließlich vom Nutzen und vom Preis abhängen.
Der Knappheitsgrad darf keine Rolle spielen.
29. The Base-Rate Neglect
(Wenn du in Wyoming Hufschläge hörst und schwarz-weiße Streifen siehst…)
Zum ersten Mal kann ich den Ärzten hier etwas gutes Aussprechen.
Die bekommen den Base-Rate Neglect nämlich mühsam wegtrainiert.
Was ist der Base-Rate Neglect? Dieses Beispiel soll ihn verdeutlichen:
Peter ist ein schlanker Mann mit großer Brille, der gerne Beethoven hört.
Was ist wahrscheinlicher? A) Peter ist Literaturprofessor in Frankfurt oder B) Peter ist Lkw-Fahrer?
Die meisten tippen hier auf A und liegen damit falsch.
Es gibt ungefähr 10.000-mal mehr Lkw-Fahrer in Deutschland als Literaturprofessoren in Frankfurt. Aufgrund dessen ist die Wahrscheinlichkeit also viel höher, dass Peter ein Lkw-Fahrer ist.
Was ist hier geschehen?
Wir haben uns durch die präzise Beschreibung dazu verführen lassen, die kühle Statistik nicht zu beachten.
Im Deutschen fehlt ein perfekter Ausdruck dafür, es ist eher eine „Vernachlässigung der Grundpfeiler“.
Dieser Denkfehler ist einer, der am häufigsten praktiziert wird. Praktisch alle Ökonomen, Politiker und Journalisten fallen regelmäßig auf ihn herein.
Zurück zu den Ärzten…
Bei ihnen spielt der Denkfehler eine wichtige Rolle. Starke Rückenschmerzen können beispielsweise bei einem 40-Jährigen sowohl orthopädisch, als auch neurologisch bedingt sein. Neurologische Ursachen sind viel seltener, also ist es sinnvoller zuerst nach orthopädischen zu suchen.
Der Standardsatz, der angehenden Ärzten in Wyoming eingetrichter wird lautet sinngemäß „Wenn du in Wyoming Hufschläge hörst und schwarz-weiße Streifen siehst, so ist es wahrscheinlich doch nur ein Pferd“
Heißt im Klartext: „Schau dir zuerst die Grundwahrscheinlichkeiten an, bevor du Exotisches prognostiziert“
30. Der Spielerfehlschluss
(Warum das Schicksal nicht immer gerecht ist)
1913 geschah im Kasino Montecarlos etwas unglaubliches.
Am Roulette Tisch ist bereits das zwanzigste Mal hintereinander die Kugel auf Schwarz gefallen. Viele Spieler kamen auf die Idee, dass doch jetzt endlich Mal Rot fallen müsste und setzten ihr Geld. Doch wieder fiel Schwarz.
Jetzt musste doch aber endlich mal Rot fallen und immer mehr Leute kamen und setzten auf Rot. Beim 27. Mal war es dann endlich der Fall, es fiel Rot.
Doch bis dahin hatten die Spieler ihre Millionen schon verwettet und waren bankrott.
Wie konnte das passieren?
Sie unterlagen dem Spielerfehlschluss.
Der Spielerfehlschluss besagt nämlich, dass es (außer in Regression-zur-Mitte Fällen) keine ausgleichende Kraft des Schicksals gibt.
Wir Menschen glauben, dass die Kugel irgendwann doch mal gefälligst auf die andere Farbe zu fallen hat.
Aber denkst du wirklich, dass die Kugel weiß, dass sie gerade auf Schwarz gefallen ist?
Anderes Beispiel:
Nehmen wir an, dass der durchschnittliche IQ von Schülern einer Stadt 100 beträgt. Nun nehmen wir 50 Schüler dieser Stadt und messen ihren IQ.
Der erste, der gemessen wird, verfügt über einen IQ von 150. Was denkst du wie hoch der durchschnittliche IQ der Schüler sein wird?
Wahrscheinlich lächelst du jetzt und denkst natürlich, dass es 100 sein muss. Schließlich muss der hohe IQ des einen Schülers durch niedrigere von Anderen ausgeglichen werden, nicht wahr?
Falsch. Die Wahrheit ist, dass der durchschnittliche IQ wahrscheinlich 101 betragen müsste, weil man annehmen muss, dass bei dieser kleinen Stichprobe, die restlichen 49 Schüler über einen IQ von 100 verfügen. Somit ergibt sich rechnerisch ein durchschnittlicher IQ von 101.
Noch ein Beispiel:
Man nehme an, dass eine Münze dreimal geworfen wird und dreimal auf Kopf landet. Jemand zwingt dich 1000 Euro auf den nächsten Wurf zu setzen. Was wählst du?
Wenn du so tickst wie die meisten, dann würdest du Zahl nehmen, obwohl Kopf natürlich ebenso wahrscheinlich ist.
Erst recht, wenn die Münze 50 mal geworfen wird und 50 mal auf Kopf landet, richtig?
Wenn du bis hier gelesen hast, weißt du, dass die Wahrscheinlichkeit für Beides natürlich gleich ist oder?
Mit gesundem Menschenverstand müsstest du aber denken, dass dich jemand mit einer gezinkten Münze um 1000 Euro erleichtern will 😉
Es gibt aber auch Fälle, wo sich das Extrem selbst verstärkt.
Beispielsweise werden Reiche immer reicher oder eine Aktie verschafft sich durch ihre herausstechende Art selbst eine höhere Nachfrage und damit einen höheren Kurs.
Fazit: Genau hinschauen, ob du abhängige oder unabhängige Ereignisse vor dir hast!
Im echten Leben sind die Dinge meist voneinander abhängig.
31. Der Anker
(Warum dich das Glücksrad verrückt macht)
Nehmen wir an, dass dich jemand auf der Straße nach Martin Luthers Geburtsjahr fragt. Du darfst kein Smartphone, Laptop oder sonstige Hilfen benutzen. Wie gehst du vor?
Vielleicht weißt du, dass Luther im Jahre 1517 seine Thesen an die Kirche von Wittenberg geschlagen hat. Damals war er bestimmt älter als 20 Jahre, aber auch noch Jung genug, um genügend Mut dafür zu haben. Er wurde der Ketzerei beschuldigt und exkommuniziert. Er übersetzte die Bibel und geriert dadurch in die Fänge der Politik. Du schätzt letztendlich, dass er zu dem Zeitpunkt 30 Jahre alt war und sein Geburtsjahr somit 1487 gewesen sein muss.
Gute Schätzung, richtig wäre 1483 gewesen.
Wie hast du das gemacht? Du hattest einen Anker, an dem du dich orientiert hast (1517).
Egal was wir schätzen, wir orientieren uns immer an Ankern, wir können ja schließlich keine Zahl aus dem Himmel pflücken. Vom Bekannten zum Unbekannten lautet der Weg. Das ist schlau.
Weniger schlau ist es aber bei Dingen, die völlig haltlos sind.
Beispiel:
Ein Professor stellte eine unbekannte Flasche Wein auf den Tisch und bat die Leute des Saals, die letzten beiden Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer auf ein Stück Papier zu schreiben.
Sie wurden außerdem gebeten, sich zu überlegen, ob sie diesen Betrag in Euro für die Flasche bezahlen würden.
Darauf folgte die Versteigerung der Flasche. Ergebnis war, dass die Leute mit höheren Nummern fast doppelt so viel boten, wie die Leute mit niedrigeren Nummern.
Die Ziffern dienten als Anker und führten damit unbewusst in die Irre.
Der Psychologe Amos Tversky stellte ein Glücksrad auf und die Teilnehmer des Experimentes sollten dran drehen. Auf dem Glücksrad befanden sich Zahlen. Die Teilnehmer wurden gefragt wie viele Staaten Mitglied der UNO sind. Auch hier gaben Personen mit höheren Zahlen eine höhere Anzahl an und Personen mit tieferen Zahlen, eine tiefe Zahl. Auch hier wieder der Anker.
Vielleicht hast du deine schlechten Noten nur bekommen, weil dein Lehrer/Professor deine alten Noten kannte?
Oder der „empfohlene“ Verkaufspreis beeinflusste dich negativ bei Kaufgeschäften?
Fazit: Sei dir über den Ankereffekt bewusst. Ruf ihn dir insbesondere bei Kaufgeschäften in den Sinn.
32. Die Induktion
(Wie du Leute um ihre Millionen bringst)
Na hast du bis hier alles überlesen, weil du reich werden willst?
Zuerst wieder eine Geschichte ;):
Es war einmal eine einsame Gans, die stets besorgt um ihre Nahrungszufuhr war. Ein Bauer kam zu ihr und warf ihr Futter hin.
Die Gans war erst skeptisch, „Was wirft dieser Mensch mir Futter hin?“ fragt sie sich. Sie aß es nicht, doch der Bauer kommt jeden Tag wieder, um ihr erneut Futter zu geben. Irgendwann ließ die Skepsis der Gans schließlich nach und sie aß das Futter.
„Die Menschen sind mir doch zutiefst gutgesinnt“ dachte sie sich.
Das Spiel geht wochenlang so weiter und von Tag zu Tag bestätigte sich die Meinung der Gans. Doch irgendwann kam der Tag der Schlachtung, an dem die Gans dann plötzlich ganz verdutzt war.
Was war ihr Problem? Sie ist dem induktiven Denken zum Opfer gefallen.
Das ist nicht nur bei Gänsen so, wir alle tendieren dazu aus Einzelbeobachtungen auf allgemeingültige Gewissheiten zu schließen. Das kann gefährlich sein.
Stell dir vor, dass sich eine Aktie überaus gut entwickelt. Du hast keine Ahnung warum, aber sie entwickelt sich.
Du investierst immer mehr deines Ersparten in diese Aktie. Du bist dir sicher, dass gar nichts mehr schief gehen kann. Irgendwann hast du schließlich alles in diesen Titel investiert und hast nun das Klumpenrisiko für das du irgendwann teuer bezahlen wirst.
Willst du dir das induktive Denken zunutze machen? Jetzt kommt die Anleitung zum Reich werden 😉
Eine Idee wäre es die E-Mail Adressen von 100.000 Leuten zu sammeln. Du verschickst Börsenprognosen für den nächsten Monat an diese.
Der einen Hälfte schreibst du, dass die Kurse steigen werden und der anderen, dass sie fallen werden.
Angenommen die Kurse sind gestiegen. Dann schickst du den 50.000, denen du zuvor das richtige prognostiziert hast wieder eine Prognose.
Du teilst wieder durch zwei und schickst der einen Hälfte Prognosen über Anstiege der Kurse und der anderen über Abstiege. Das Spiel machst du weiter und weiter. Nach 10 Monaten bleiben 100 Personen übrig, die du immer richtig beraten hast.
Aus Sicht dieser Personen bist du ein besserer Börsenguru als Warren Buffett. Sie vertrauen dir ohne zu zweifeln ihr Geld an und du nimmst den nächsten Flieger nach Brasilien. 😉
Nicht nur andere lassen sich betrügen, wir betrügen uns auch gerne selbst.
Ein CEO, der über viele Quartale Gewinne eingefahren hat, hält sich für unfehlbar, ebenso seine Aktionäre und Mitarbeiter.
Induktives Denken ist notwendig. Ohne es könnten wir gar nicht normal leben. Man geht aus dem Haus, in der Annahme, dass man nicht verprügelt wird. Man legt sich abends ins Bett, in der Hoffnung, dass das Herz am nächsten Tag noch schlägt. Alle Gewissheiten sind aber nur vorläufig.
Wie sagte Benjamin Franklin? „Nichts ist sicher, außer der Tod und die Steuern“.
Das sehen Großkonzerne allerdings anders 😉
Induktion ist verführerisch, sie löst positive Emotionen in uns aus, aber sie kann auch zu einem fatalen Denkfehler werden.
Fazit: Vertraue nie einem Börsenguru 😉
33. Die Verlustaversion
(Warum unfreundliche Gesichter auffälliger als freundliche sind)
Auf einer Skala von 1-10, wie gut fühlst du dich heute?
Dazu zwei Fragen:
1. Was würde deine Glückseligkeit auf Stufe 10 bringen?
(Traumurlaub, Beförderung, Heirat?)
2. Was würde deine Glückseligkeit im gleichen Außmaß verringern?
(Querschnittslähmung, Krebs, Depression, Krieg, Hunger, Folter, Pleite, Scheidung etc.)
Du siehst schon, es fallen dir wahrscheinlich viel mehr schlechte als gute Dinge ein, nicht wahr?
Das war in unserer evolutionären Vergangenheit noch viel intensiver ausgeprägt.
Ein fataler Fehler und man war tot.
Egal ob man bei der Jagd unachtsam war und sich die Sehne entzündet hat, oder aus irgendeinem Grund aus der Gruppe ausgeschlossen wurde.
Menschen, die nicht vorsichtig waren und zu große Risiken eingegangen sind, sind gestorben, bevor sie ihre Gene weiter geben konnten. Deshalb blieben die Gene der Vorsichtigen und Risikoscheuen bis heute im Genpool.
Deswegen sprechen wir den Verlusten auch größere Emotionen zu als den Gewinnen. Verliert man 100 Euro so wirkt das emotional etwas doppelt so schwer, wie ein Gewinn von 100 Euro.
In der Wissenschaft nennt man das die Verlustaversion.
Will man also jemanden überzeugen, so sollte man an dessen potenziellen Verlust appellieren, anstatt ihm seine möglichen Gewinne vor Augen zu halten.
Hier am Beispiel einer Kampagne:
2 verschiedene Flugblätter wurden verteilt.
Auf Flugblatt A stand: „Lassen Sie sich jährlich auf Brustkrebs untersuchen. Damit kann ein möglicher Krebs frühzeitig entdeckt und entfernt werden“
Auf Flugblatt B stand: “ Wenn Sie sich nicht jährlich auf Brustkrebs untersuchen lassen, riskieren Sie, dass ein möglicher Krebs nicht früh entdeckt und entfernt werden kann“
Auf jedem Flugblatt waren die Kontaktdaten angegeben.
Ergebnis war, dass Leserinnen des zweiten Flugblattes öfter angerufen hatten.
So auch an der Börse: Investoren tendieren dazu, Verluste nicht zu realisieren, sondern auf bessere Zeiten zu hoffen.
Ein nicht realisierter Verlust ist eben noch kein wirklicher Verlust. Sie verkaufen nicht, selbst wenn die Aussicht auf Erholung klein und die Wahrscheinlichkeit weiteren Kursrückgangs groß ist.
Mitarbeiter (wenn sie nicht in Gruppen entscheiden, sondern allein verantwortlich sind) sind eher risikoscheu. Macht für sie auch Sinn. Warum sollen sie einen Jobverlust für einen winzigen Bonus riskieren, der sowieso nur Investoren und Vorgesetzten nützt?
Meist übersteigt das Karriererisiko den möglichen Gewinn.
Deshalb bringt es Vorgesetzten nichts sich über die mangelnde Risikobereitschaft von Mitarbeitern zu ärgern, die Verlustaversion ist schuld.
Fazit: Wir reagieren stärker auf negative als auf positive Dinge.
Das unfreundliche Gesicht fällt uns eher auf, als das freundliche. Und schlechtes Verhalten bleibt länger im Gedächtnis als gutes, außer wir sind selbst betroffen 😉
34. Social Loafing
(Warum Teams faul sind)
Jetzt kommt die Universalausrede für alle Einzelkämpfer 😉
Maximilian Ringelmann (frz. Ingenieur) untersuchte 1913 die Leistung von Pferden und fand heraus, dass die Leistung zweier Zugtiere, nicht doppelt so hoch wie die Leistung eines einzelnen Pferdes war.
Davon überrascht übertrug er die Untersuchung auf Menschen, indem er Menschen an einem Tau ziehen ließ. Dabei maß er die Kraft, die jeder einzelne Tauzieher entfaltete.
Durchschnittlich investierte der einzelne nur noch 93% seiner Kraft, wenn zwei Leute zogen. Bei drei Leuten nur noch 85% und bei acht Leuten waren es nur noch 49%.
Social Loafing nennt die Wissenschaft diesen Effekt (soziales Faulenzen).
Dieser tritt immer dann auf, wenn Gruppenleistungen erfordert sind und dabei die Leistung des Einzelnen nicht direkt sichtbar ist. Soziales Faulenzen gibt es bei Ruderern, aber nicht Staffelläufern, weil verringerte Einzelleistung hier gut sichtbar wäre.
Überraschend ist auch, dass die Leistung nie auf Null fällt, weil hier der Betrug mit allen sozialen Konsequenzen sichtbar wäre.
Auch bei geistigen Leistungen gibt es Social Loafing. Je größer das Team, desto schwächer die individuelle Leistung, wobei irgendwann ein Niveau erreicht ist, wo die Individualleistung nicht weiter absinkt. Ob die Gruppe aus 20 oder 100 Leuten besteht, spielt keine Rolle.
Wir halten uns in Gruppen auch mit unserer Verantwortung zurück. Niemand will schuld an schlechten Ergebnissen sein, in Gruppen kann man sich gut verstecken (Verantwortungsdiffusion).
Ein krasses Beispiel dafür waren die Nürnberger Prozesse gegen die Nazis.
Dadurch tendieren Gruppen nachweislich zu risikoreicheren Entscheidungen als Einzelpersonen. Man trägt ja schließlich nicht die ganze Schuld, wenn es schief geht, nicht wahr?
Gefährlich ist es aber, wenn Teams über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden.
Fazit: Menschen verhalten sich in Gruppen anders, als wenn sie als Einzelperson auftreten. Die Nachteile von Gruppen lassen sich entschärfen, wenn die Individualleistung sichtbar gemacht wird.
Und wenn du das nächste Mal Kutsche fährst, solltest du bedenken, dass da vorne nicht wirklich 2 PS ziehen.
35. Das Exponentielle Wachstum
(Warum ein gefaltetes Blatt dein Denken übersteigt)
Kleines Experiment:
Man nehme ein normales Papier, welches man in der Mitte 50-mal faltet.
Frage 1. Was schätzt du wie dick dieses Papier sein wird nach den 50 Faltungen?
Notiere deine Schätzung bevor du weiter liest.
2. Frage: Angenommen ich würde dir 2 Alternativen anbieten.
Alternative A beinhaltet, dass ich dir in den nächsten 30 Tagen jeden Tag 1000 Euro gebe.
Bei B Schenke ich dir am ersten Tag einen Cent, am zweiten 2, am dritten 4, am vierten 8 und immer so weiter verdoppeln, bis die 30 Tage um sind.
Ohne lange zu rechnen, für welche Alternative würdest du dich entscheiden?
Also zur ersten Frage: Bei der Annahme, dass ein durchschnittliches Papier einen Zehntelmillimeter dick ist, beträgt seine Dicke nach 50 Faltungen ca. 100 Millionen Kilometer.
Bei der zweiten Frage mag A verlockender klingen, aber B wäre tatsächlich klüger. Denn bei A hättest du nach den 30 Tagen genau 30.000 Euro verdient, bei B über 5 Millionen.
Wir verstehen linerares Wachstum intuitiv, aber nicht exponentielles!
Unsere evolutionäre Vergangenheit hat uns einfach schlecht darauf vorbereitet, weil es früher nicht gebraucht wurde.
Wer doppelt so viel Zeit für das Sammeln von Nüssen aufgebracht hat, hat üblicherweise auch doppelt so viele Nüsse mit nach Hause gebracht.
Wer zwei Mammuts über den Abgrund jagte, konnte doppelt so lange davon zehren. Hätte man dieses Buch* gelesen, hätte man sowieso alles schneller und besser erledigen können 😉
Besser wäre es für uns gewesen, wenn wir darauf vorbereitet geworden wären, denn heute sieht die Situation ganz anders aus.
Wenn uns jemand erzählt, dass die Anzahl der Verkehrsunfälle jedes Jahr um 7% steigt: Was können wir damit schon anfangen? Intuitiv verstehen wir es einfach nicht. Glücklicherweise gibt es Tipps und Tricks.
Man kann einfach die Verdopplungszeit berechnen.
Dazu teilt man die Zahl 70 durch die Wachstumsrate. In unserem Fall also 70:7=10 Jahre.
10 Jahre dauert es also bis sich die Anzahl der Verkehrsunfälle verdoppelt hätte.
Journalisten können davon profitieren, indem sie dramatische Überschriften entwickeln.
Was klingt denn schlimmer? „Hundezulassungen sind um 10% gestiegen“ oder „Doppelt so viele Köter in 7 Jahren“.
Fazit: Geht es um Wachstumsraten, so vertrau nicht auf dein Gefühl. Wirklich helfen wird der Taschenrechner oder bei kleinen Wachstumsraten der Trick mit der Verdopplungszeit.
36. The Winner´s Curse
(Wie viel würdest du für 100 Euro bezahlen?)
In den 50er-Jahren haben Ölfirmen in Texas oft um Grundstücke in Auktionen geboten.
Sie wussten allerdings nicht, wie viel Öl die Grundstücke enthielten.
The Winner´s Course (Fluch des Gewinners) besagt allerdings, dass der Gewinner einer Auktion oft der Verlierer ist.
Die Industrieanalysten stellten fest, dass die Firmen, die als Gewinner aus den Auktionen hervorgingen, oft zu viel bezahlten und Jahre später daran zugrunde gingen.
Heutige Ölfelder sind überall zu finden. Auf Ebay, bei Groupons bis hin zu Google Adwords.
Flughäfen vermieten oft ihre Ladenflächen im Auktionsverfahren.
Und wenn Aldi ein neues Produkt einführt und Angebote von 10 verschiedenen Lieferanten bekommt, ist das nichts anderes als eine Auktion mit der Gefahr des Winner´s Course.
Auch Börsengänge sind Auktionen, bei denen übertriebene Preise bezahlt werden.
Kaufen Firmen andere Firmen, so zahlen auch hier mehr als die Hälfte der Firmen zu viel und machen damit Verlust.
Es gibt 2 wesentliche Gründe, warum wir diesem Denkfehler zum Opfer fallen.
1. Der wirkliche Wert des Gutes ist oft unbestimmt
2. Wir wollen Konkurrenten ausstechen.
Dazu ein Spiel für dich und deine Freunde:
Ihr seid zwei Personen. Stellt euch vor ihr seid in einer Auktion, in der ihr um einen 100 Euro Schein bietet.
Die Spielregeln besagen, dass der mit dem höchsten Gebot die Banknote erhält, und, dass beide Bieter in diesem Moment ihr letztes Angebot bezahlen müssen.
Wie hoch geht ihr?
Es macht Sinn 10, 20, 40, und 80 Euro für die Banknote zu bezahlen. Auch 99 Euro wären noch sinnvoll.
Irgendwann kommt der Punkt, wo dein Konkurrent 100 Euro bietet. Er macht also ein Nullgeschäft, du aber hast als letztes 99 Euro geboten und müsstest diese dann zahlen. Also bietest du weiter.
Bei 115 Euro hast du einen garantierten Verlust von 15 Euro, doch dein Konkurrent würde vielleicht 114 Euro verlieren?
Wie lange spielt ihr? Wie weit würdet ihr gehen?
Warren Buffett rät dazu: Nimm nie an Auktionen teil. Sind sie unvermeidlich, so lege vorab einen Höchstpreis schriftlich fest und zieh davon 20% für den Winner´s Course ab
37. Der fundamentale Attributionsfehler
(Frage einen Schriftsteller nie, ob ein Roman autobiografisch ist)
Der fundamentale Attributionsfehler bezeichnet unsere Tendenz, den Einfluss von Personen systematisch zu überschätzen und dabei äußere, situative Faktoren zu unterschätzen, wenn es darum geht, etwas zu erklären.
Kleines Beispiel: Ein CEO muss wegen schlechten Geschäftsgangs den Hut nehmen.
Oder Deutschland ist Weltmeister wegen Trainer/Spieler X geworden.
„Keine Geschichte ohne Gesicht“ lautet schließlich eine Regel in Zeitungsredaktionen.
1967 führten Forscher der Duke University ein Experiment durch. Ein Redner hielt eine flammende Rede für Fidel Castro. Trotzdessen, dass die Versuchspersonen zuvor informiert wurden, dass dem Redner die Rede unabhängig von seiner politischen Ansicht zugeteilt wurde, waren die Meisten Zuhörer davon überzeugt, dass die Rede die persönliche Meinung des Redners widerspiegelte.
Sie machten die Persönlichkeit des Redners für inhaltliche Darstellungen und nicht externe Faktoren, wie die Professoren, die ihm die Rede gaben dafür verantwortlich.
Kriege verbindet etwas mit Klimafragen und den Finanzmärkten. Bei negativen Ereignissen kommt der fundamentale Attributionsfehler nämlich sehr gerne zum Ausruck.
Die Schuld für Krisen und Kriege wird oft bei einzelnen Personen gesucht. Wir geben beispielsweise gerne Hitler alleine die Schuld am zweiten Weltkrieg, oder dem Attentäter von Sarajewo die Schuld am ersten, obwohl Kriege bis heute unprognostizierbare Ereignisse sind.
Wir wissen, dass ökonomischer Erfolg viel stärker von der allgemeinen Wirtschaftslage, als vom CEO eines Unternehmens abhängt. Trotzdem suchen wir die Schuld zuerst beim CEO, wenn etwas schief geht und er muss in den Regel gehen.
Dieser Denkfehler ist wieder unserer evolutionären Vergangenheit geschuldet. Einzelgänger haben damals nicht überlebt. Die Zugehörigkeit zur Gruppe zu sichern war eine der wichtigsten Aufgaben des damaligen Menschen. Aus diesem Grund sind wir übertrieben auf Leute fixiert.
Fazit: Bedenke diesen Denkfehler bevor du anderen die Schuld gibst. Ist es wirklich die persönliche Meinung des Gegenübers oder vertritt er nur die Meinung anderer? Ist er wirklich schuldig oder sind andere Faktoren nicht viel entscheidener gewesen?
38. Die falsche Kausalität
(Warum du nicht an den Storch glauben solltest)
Für Bewohner der Hebriden gehörten Läuse im Haar zum Leben.
Verließen die Läuse ihren Wirt wurde er krank und bekam Fieber. Um es zu vertreiben setzten die Einwohner dem Betroffenen deshalb absichtlich Läuse ins Haar. Der Erfolg gab ihnen anscheinend recht, denn sobald die Läuse sich wieder eingenistet hatten, ging es den Betroffenen besser.
Eine Untersuchung der Feuerwehreinsätze einer Stadt ergab, dass der Brandschaden mit zunehmender Anzahl der jeweils eingesetzten Feuerwehrleute korreliert. Also je mehr Feuerwehrleute an einem Einsatz beteiligt waren, desto größer war der Schaden. Daraufhin kürzte der Bürgermeister das Etat für die Feuerwehr und verhängte einen Einstellungsstopp.
Diese Geschichten stammen aus dem Buch „Der Hund, der Eier legt„*.
Sie Verdeutlichen die Verwechslung von Ursache und Wirkung.
Die Läuse hauen nämlich ab, weil sie heiße Füße bekommen und kommen gerne wieder, sobald der „Boden“ sich wieder abgekühlt hat.
Und je größer der Brand ist, desto mehr Feuerwehrleute werden tendenziell eingesetzt, nicht umgekehrt.
Die Geschichten scheinen niedlich, doch die falsche Kausalität begegnet uns jeden Tag.
Führt gute Mitarbeitermotivation wirklich zu höherem Unternehmensgewinn, oder sind Mitarbeiter einfach motivierter, wenn es der Firma gut geht?
Das sollten Journalisten sich mal fragen, bevor sie einen Artikel darüber schreiben.
Wissenschaftler haben auch festgestellt, dass lange Verweilzeiten in Krankenhäusern für den Patienten nachteilig sind.
Gut für die Krankenkassen, aber sind Patienten mit kurzen Verweilzeiten nicht einfach nur weniger schlimm betroffen als die mit längeren?
Frauen, die täglich Shampoo XYZ benutzen, haben kräftigeres Haar. Schon wird das Shampoo bejubelt. Aber vielleicht benutzen einfach Frauen mit kräftigerem Haar öfter dieses Shampoo, weil draufsteht: „Für kräftiges Haar…“ 😉
Ein nettes Beispiel dafür wäre auch noch der Zusammenhang zwischen dem Geburtenrückgang und der sinkenden Zahl von Storchenpaaren in Deutschland.
Wenn man die beiden Linien zwischen 1965 und 1987 vergleicht, so liegen sie fast perfekt aufeinander.
Ich hatte also doch damit Recht, dass der Storch die Babys bringt, denn Zufall kann es ja nicht sein 😉
Fazit: Zusammenhang ist nicht Kausalität. Schau genau hin und hinterfrage die Dinge.
39. The Halo Effect
(Warum schöne Menschen leichter Karriere machen)
Cisco war ein Liebling der New-Economy-Ära.
Die Journalisten meinten, dass das Unternehmen einfach alles richtig macht. Die perfekte Strategie, eine einzigartige Unternehmenskultur, die beste Kundenorientierung und ein charismatischer CEO. Im März 2000 war es das wertvollste Unternehmen der Welt.
Im folgenden Jahr verlor Cisco 80% seines Wertes. Plötzlich waren dieselben Journalisten davon überzeugt, dass das Unternehmen eine schlechte Strategie, eine lahme Unternehmenskultur, eine schlechte Kundenorientierung und einen blassen CEO hatte. Weder wurde aber die Strategie verändert, noch wurde der CEO ausgewechselt.
Die Nachfrage war einfach eingebrochen!
Der Halo Effect besagt nämlich, dass wir uns von einem Aspekt blenden lassen und von ihm auf das Gesamtbild schließen. „Halo“ ist das englische Wort für „Heiligenschein“.
Im Cisco Fall ließen sich die Journalisten vom Aktienkurs blenden und schlossen davon auf die internen Qualitäten des Unternehmens, ohne sie genauer zu erforschen.
Der Effekt funktioniert immer gleich:
Aus einfach zu beschaffenen Fakten (finanzielle Situation eines Unternehmens) schließen wir automatisch auf schwieriger zu eruierende Eigenschaften wie z.B. die Brillanz einer Strategie.
Dadurch tendieren wir dazu, Produkte eines Herstellers, der einen guten Ruf besitzt, als qualitativ hochwertig wahrzunehmen, auch wenn es dafür keine objektiven Gründe gibt.
Edward Lee Thorndike hat den Halo Effect vor über 100 Jahren entdeckt.
Eine einzelne Qualität einer Person, wie beispielsweise die Schönheit, der soziale Status oder das Alter einer Person, erzeugt einen Eindruck, der alles andere überstrahlt und somit den Gesamteindruck verzerrt, im Positiven wie im Negativen.
Dutzende Studien haben bereits nachgewiesen, dass wir schönen Menschen automatisch mehr Intelligenz und Ehrlichkeit zuweisen oder sie als netter betrachten. Die schönen Menschen machen auch leichter Karriere. Selbst in der Schule wurde schon nachgewiesen, dass Lehrer gut aussehenden Schülern bessere Noten geben.
Vielleicht lagen meine verbesserungswürdigen Noten also nicht an meiner Faulheit, sondern an fehlender Schönheit. 😉
Warum soll ein Tennisprofi ein Experte für Kaffeemaschinen sein? Rational nicht nachvollziehbar, aber das ist unserem Unterbewusstsein egal.
Man muss nicht mal zwangsläufig Sexist oder Rassist sein, um der Stereotypisierung zum Opfer zu fallen.
Sie entsteht, wenn Herkunft, Geschlecht oder Rasse zum dominierenden Merkmal wird und alles andere überstrahlt.
Der Halo Effect kann auch je nach Ansichtssache in positver Weise wirken.
Beispielsweise, wenn wir Hals über Kopf verliebt sind. Der angehimmelte Mensch erscheint dann besonders wertvoll, attraktiv und intelligent.
Fazit: Der Halo Effect trübt unsere Sicht auf die Dinge. Du solltest deshalb genauer hinsehen und versuchen das herausstechende Merkmal auszublenden.
40. Die alternativen Pfade
(Glückwunsch, du hast im russischen Roulette gewonnen)
Angenommen du bist mit einem russischen Oligarchen verabredet…
Er hat Lust ein Spiel zu spielen und fragt dich nach russischem Roulette. Du kannst 10 Millionen Euro in bar gewinnen.
„Wahnsinn, 10 Millionen“ denkst du dir. Du überlegst was du damit alles anstellen könntest.
Einen Sportwagen, einen Whirlpool, oder eine neue Villa, wo du deine Nachbarn ärgern kannst
Du musst nur einmal abdrücken und der Koffer gehört dir.
Angenommen du nimmst an und spielst. Gewinnst tatsächlich und beschließt mit deinen 10 Millionen in eine Villa zu ziehen, wo du deine Nachbarn ärgern kannst.
Einer dieser Nachbarn ist Honorarberater. Er arbeitet 12 Stunden am Tag, 300 Tage im Jahr. Er verdient pro Stunde 600 Euro, was viel, aber nicht unüblich ist. Er kann letztendlich eine halbe Million im Jahr zurücklegen.
Du ärgerst ihn, weil er 20 Jahre arbeiten muss, um das zu erreichen, was du erreicht hast. (In der Praxis würde er durch die Inflation aber immer noch nicht das gleiche erreicht haben.) Sparen ist schließlich dumm und investieren schlau 😉
Tatsächlich hat er aber nach 20 Jahren erreicht, was du erreicht hast. Ein Journalist kommt vorbei und dreht eine Reportage über den Lebensstandard reicher Menschen.
Alles scheint gleich zu sein, aber eine Sache bleibt verborgen…
Das Risiko hinter jeder der zehn Millionen.
Das sehe ich nicht, das siehst ein Journalist nicht und auch andere sehen es nicht. Wir müssten dafür die alternativen Pfade kennen.
Diese sind in deinem Falle viel weiter auseinander als bei deinem Nachbarn.
Der Revolver hatte Platz für 6 Patronen. Eine war lediglich eingesetzt. In fünf Fällen hättest du also das Geld gewonnen und in einem wärst du tot gewesen.
Ein enormer Unterschied.
Beim Nachbarn lagen die alternativen Pfade enger zusammen. Auf dem Land hätte er vielleicht nur 300 Euro Stundensatz bekommen, in einer Metropole 900 Euro. Nur relativ kleine Unterschiede im Vergleich zum Verlust des eigenen Lebens.
An der Börse steht dem Risiko bekanntlich die Rendite gegenüber. Wer mit renditestarken Produkten handelt, trägt auch ein höheres Verlustrisiko.
Wenn es gut läuft, schlägst du die passiven Investoren, wenn nicht, ist schlimmstenfalls alles weg. Auch hier wieder unterschiedliche alternative Pfade.
Fazit: Risiko ist nicht direkt sichtbar, überleg immer, wie deine alternativen Pfade aussehen. Nimm Erfolge über riskante alternative Pfade nicht so ernst wie Erfolge, die über langweilige Pfade entstanden.
Und lass dich nicht von deinem Nachbarn ärgern 😉
41. Die Prognoseillusion
(Wie das Orakel deinen Blick verzerrt)
„In 5 Jahren wird der Euro zerbrechen“, „Trump wird 2018 abgesetzt werden“ und „Facebook“ wird in wenigen Jahren das wichtigste Unterhaltungsmedium“.
Das sind alles Aussagen, die von „Experten“ stammen könnten. Täglich bombardieren diese uns mit ihren Prognosen, doch wie verlässlich sind diese?
Vor Jahren hat sich Philip Tetlock zur Aufgabe gemacht dies herauszufinden:
Er wertete 82.361 Prognosen von 284 Experten über einen Zeitraum von 10 Jahren aus.
Resultat: Man hätte ebenso gut einen Zufallsgenerator befragen können.
Besonders schlecht schnitten diejenigen ab, die die stärkste Medienaufmerksamkeit besaßen und als „Untergangspropheten“ bekannt waren.
Die Europäische Union besteht ja bekanntlich immer noch und auch die Börse erleidet Anfang 2017 noch keinen Crash (Obwohl es aufgrund des Aufbaus unseres Geldsystems langsam mal wieder Zeit wäre).
Laut John Kenneth Galbraith gibt es 2 Arten von Menschen, die die Zukunft vorhersagen:
1. Jene, die nichts wissen
2. Jene, die nicht wissen, dass sie nichts wissen.
Damit machte sich der Harvard-Ökonom sehr unbeliebt in den eigenen Reihen.:D
Noch spöttischer sagt es der Fondmanager Peter Lynch:
„Die USA haben 60.000 ausgebildete Ökonomen. Viele von ihnen sind angestellt, um Wirtschaftskrisen und Zinsen vorherzusagen. Wenn ihre Prognosen nur zweimal hintereinander eintreffen würden, wären sie Millionäre. Soweit ich weiß sind die meisten noch immer brave Angestellte.“
Heute beschäftigt die USA noch weitaus mehr Ökonomen, mit einem Effekt von null auf die Prognosequalität.
Das Problem ist dass die Experten keinen Preis für Falschaussagen bezahlen.
Sie verlieren weder Geld noch ihren guten Ruf. Aber sobald eine ihrer Prognosen aus Glück eintritt, ist ihnen der Ruhm sicher.
Je komplexer ein System ist, desto schwieriger ist es Vorhersagen darüber zu treffen.
Dein Körpergewicht im nächsten Jahr kannst du wahrscheinlich ziemlich gut vorhersagen, es sei denn du ziehst deine angestrebte Diät wieder nicht durch. 😉
Ölpreise, Wechselkurse oder Indexstände sind schon weitaus schwieriger. Erfindungen sind gar nicht prognostizierbar, sonst hätten wir sie ja schon.
Also: Prognosen gegenüber solltest du immer skeptisch sein. Wenn du eine Prognose hörst, solltest du dich fragen welches Anreizsystem der Experte hat
(Angestellter, der seinen Job verlieren könnte? Oder selbsternannter Trendguru, der die Aufmerksamkeit der Medien benötigt?) und wie gut seine Trefferquote ist.
Und wie bei allem gilt: Selbstständig denken!
42. The Conjuction Fallacy
(Warum dich plausible Geschichten verführen)
Peter ist 40 Jahre alt.
Er hat Philosophie studiert und sich seit seiner Schulzeit mit Dritte-Welt-Themen beschäftigt. Nach seinem Studium arbeitete er 4 Jahre beim Roten Kreuz in Afrika und dann 2 Jahre im Genfer Hauptsitz, wo er Abteilungsleiter wurde. Anschließend machte er den Master of Business Administration und schrieb in seiner Diplomarbeit über Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung.
Was ist wahrscheinlicher?
A) Peter arbeitet für eine Großbank
oder B) Peter arbeitet für eine Großbank und ist dort zuständig für die bankeigene Dritte-Welt-Stiftung?
Die meisten Leute würden denken, dass B wahrscheinlicher ist, doch das ist falsch.
Für Antwort B müsste eine zusätzliche Bedingung erfüllt werden. Es gibt viel weniger Leute, die für eine Bank arbeiten und für eine bankeigene Dritte-Welt-Stiftung verantwortlich sind, als Leute, die einfach nur bei einer Bank arbeiten.
Also ist A wahrscheinlicher! Warum erscheint uns bei solchen Fragen aber B viel wahrscheinlicher?
Antwort: Conjunction Fallacy!
Dieser Denkfehler wurde von Daniel Kahnemann und Amos Tversky erforscht.
Warum fallen wir auf ihn herein? Weil wir ein intuitives Verständnis für plausible Geschichten haben.
Je überzeugender und ausdrücklicher die Geschichte ist, desto größer ist die Gefahr auf diesen Denkfehler hereinzufallen.
Hätte ich gefragt: Was ist wahrscheinlicher?
A) Peter arbeitet für eine Bank
oder B) Peter arbeitet für eine Bank in München auf der 22. Etage im Büro Nummer 42?
Dann wärst du niemals reingefallen.
Fazit: Es gibt 2 Arten des Denkens: Intuitives Denken und bewusstes Denken.
Intuitives ist automatisch und unmittelbar, bewusstes ist langsam, mühevoll und rational.
Das intuitive Denken macht uns anfällig für plausible Geschichten. Hüte dich davor, wenn es um wichtige Entscheidungen geht.
43. Framing
(Der Ton macht die Musik)
„Christoph du faules Stück, bringt endlich den verdammten Müll raus“ oder „Mein liebster Christoph, tust du mir bitte einen Gefallen und bringst den Müll nach draußen“
Wie würde ich wohl auf beide Anfragen reagieren, wenn meine Partnerin mich so ansprechen würde?
Bei Ersterem würde ich wahrscheinlich leicht gereizt sagen, dass sie den Müll gefälligst selbst raus bringen soll. Bei Letzterem würde ich sie hingegen liebevoll auf ihre Gott gegebene Rolle als Frau hinweisen. 😉
Ok ich bin ein schlechtes Beispiel, aber die beiden beschriebenen Sätze sollen verdeutlichen, wie ein und derselbe Sachverhalt, unterschiedlich vom Empfänger empfangen werden können.
Daniel Kahnemann führte zu diesem Beispiel eine Befragung durch. Es ging um 2 Optionen zur Seuchenbekämpfung und es ging um 600 Personen.
A rettet 200 Personen das Leben
B rettet mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 600 Menschen und 2/3 niemanden
Obwohl beides das Gleiche ist, wählten die meisten A.
Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach sagt man ja so schön.
Dann anders formuliert:
A tötet 400 Personen
B rettet mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 600 Personen und tötet zu 2/3 alle
Jetzt wählte nur noch ein geringer Teil A.
Je nach sprachlicher Darstellung (retten vs. töten) entschieden die Personen anders für denselben Sachverhalt.
Sinkende Aktienkurse sind „Korrekturen“, Probleme sind Chancen, gefallene Soldaten sind Kriegshelden (egal wie viel Pech oder Dummheit für ihren Tod verantwortlich war) und gefeuerte Manager richten sich lediglich neu aus.
So ist das in unserer Welt.
Den Regeln des Framings gehorchen wir ebenfalls, wenn wir unsere Aufmerksamkeit nur auf einen Aspekt des Ganzen lenken.
Beispiel: Beim Gebrauchtwagenkauf konzentrieren wir uns in erster Linie auf den Kilometerstand, nicht auf den Zustand des Motors, der Bremsen etc.
Ohne Framing wären Krimis langweilig und Autoren arbeitslos.
Fazit: Jeder Sachverhalt unterliegt Framing, auch dieser Artikel 😉
44. The Action Bias
(Warum dich abwarten und nichtstun quälen können)
Beim Elfmeterschießen ist es so, dass ungefähr ein Drittel der Bälle in die Mitte des Tores, ein Drittel nach links und ein Drittel nach rechts geschossen wird.
Die Torhüter aber bleiben nur selten in der Mitte stehen. Sie hechten zu 50% nach links und zu 50% nach rechts.
Es ist ja auch weniger peinlich einen Ball nicht zu halten, wenn man mit vollem Einsatz in eine Ecke springt, anstatt einfach stehen zu bleiben, obwohl ein Drittel aller Bälle in die Mitte des Tores geschossen wird.
Wir wollen unbedingt aktiv werden, selbst wenn es nichts nützt. Das ist der Action Bias.
Er kommt besonders dann zum Vorschein, wenn eine Situation neu oder nicht klar ist.
Investoren, die noch relativ unerfahren sind, verfallen in eine Art Hyperaktivität, wenn unvorhergesehende Dinge geschehen.
Dazu meint Waren Buffett nur: „Beim Investieren korreliert Aktivität nicht mit Leistung.“
Ist das Krankheitsbild eines Patienten unklar und der Arzt wird vor die Wahl gestellt, ob er ein Medikament verschreiben soll oder nichts tun soll, so wird er tendenziell er aktiv werden und etwas verschreiben.
Selbst wenn Finanzielles mal keine Rolle spielen sollte 😉
Dieser Denkfehler ist in uns verankert, weil er sich in der Urzeit ausbezahlt hat. Es war schlauer vor etwas wegzulaufen, das potenziell gefährlich sein könnte, als lange zu überlegen, ob von dem unbekannten Wesen wirklich Gefahr ausgeht.
In unserer modernen Welt ist es genau andersrum. Hier wird scharfes Nachdenken gegenüber Aktivität belohnt.
Triffst du durch Abwarten die richtige Entscheidung, wirst du in den seltensten Fällen dafür geehrt werden. Hast du hingegen gehandelt und es war richtig, so stehen die Chancen gut, dass man als „Held“ gefeiert wird.
Fazit: Ist eine Situation unklar, so solltest du nichts unternehmen, bis du die Situation besser einschätzen kannst.
Zumindest meinte schon Blaise Pascal: „Das ganze Unglück der Menschheit besteht darin, dass sie nicht in der Lage sind, ruhig in ihrem Zimmer zu bleiben“.
45. The Omission Bias
(Warum du entweder Teil der Lösung oder Teil des Problems bist)
Vor dir stehen 2 Bergsteiger.
Der erste fällt in eine Gletscherspalte. Du kannst ihn retten, indem du Hilfe holst. Machst es aber nicht und somit stirbt er. Den anderen stößt du in die Gletscherspalte und auch er stirbt wie der andere.
Was ist schlimmer?
Rational betrachtet ist beides gleich verwerflich, da sie beide zum Tod des Opfers führen. Beim ersten durch Unterlassung, beim zweiten durch aktives Eingreifen.
Aber das Gefühl des Omission Bias sagt uns, dass die zweite Tat schlimmer ist.
Der Omission Bias tritt immer auf, wenn sowohl eine Handlung als auch eine Unterlassung zu Schäden führen können. Vor dieser Wahl wählen wir meistens die Unterlassung, weil es nach unserem subjektiven Empfinden weniger schlimm ist.
Oder nehmen wir an, dass du der Chef eines großen Pharmakonzerns bist.
Du stehst vor der Wahl ein Medikament für Todkranke zuzulassen. 20% der Todgeweihten würden dadurch sofort sterben, aber die anderen 80% würden gerettet werden.
Was machst du?
Die meisten Menschen würden in diesem Fall lieber das Medikament verbieten. Sie empfinden es als schlimmer, dass 20% der Menschen durch ihr Eingreifen sofort sterben, als dass die anderen 80% nun nicht gerettet werden und somit alle sterben.
Du bist natürlich vernünfig und handelst rational. Aber davon hast du oftmals nur Ärger.
Nehmen wir an du bist Politiker oder hoher Beamter. Geht durch dein Eingreifen irgendwas schief, so geht ein Aufschrei durch die Presse und du bist deinen Job los.
In solchen Fällen solltest du den Omission Bias des Volkes ernst nehmen.
In unserer Rechtsprechung ist es nicht anders. Der vorsätzliche Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen ist straflos, wohingegen aktive Sterbehilfe, selbst bei ausdrücklichem Wunsch des Betroffenen bestraft wird.
Wir lassen lieber jemanden ins Messer laufen, als ihm direkt zu schaden.
Keine neuen Produkte zu entwickeln, die den Bankrott eines Unternehmens herbeiführen, ist für Investoren weitaus schlimmer, als falsche Produkte zu entwickeln, die dasselbe Ergebnis erzielen.
Keine Abgasanlage in ein Kohlekraftwerk einzubauen, ist weniger schlimm, als die potenzielle Anlage aus finanziellen Gründen zu entfernen.
Einkommen nicht zu deklarieren, ist weniger schlimm, als Steuerdokumente bewusst zu fälschen, obwohl das Ergebnis immer dasselbe ist.
Der Omission Bias tarnt sich besser als jedes Chamäleon.
Verzicht auf Handlung ist nicht so sichtbar wie Handlung.
Immerhin hat die 68er-Bewegung einen passenden Slogan entwickelt:
„Wenn du nicht Teil der Lösung bist, bist du Teil des Problems“
46. The Self Serving Bias
(Warum du nie selber schuld bist)
Du solltest mal Geschäftsberichte lesen, insbesondere die Kommentare der CEOs.
Hieran erkennt man namlich deutlich den Self Serving Bias.
Haben die CEOs nämlich ein ausgezeichnetes Jahr hinter sich, so sind sie grundsätzlich selbst dafür verantwortlich. Ihre Intelligenz, Kompetenz und besonderen Führungsfähigkeiten waren selbstverständlich dafür verantwortlich.
War das Jahr hingegen schlecht, so waren entweder Währungen, Regierungen, die Konsumenten, Wirtschaftsspione, oder zur Not auch das kleine Mädchen am Straßenrand schuld.
Grundregel: Erfolge schreibt man sich selbst zu, Misserfolge externen Faktoren. Das ist der Self Serving Bias (selbstwertdienliche Beurteilung).
Den Ausdruck dafür kanntest du vielleicht noch nicht, aber du kennst diesen Denkfehler aus der Schule.
Hast du eine Eins bekommen, so wurden deine wahren Kenntnisse und Fähigkeiten widergespiegelt. Bekamst du eine Fünf, so war die Prüfung unfair, oder der Lehrer hat nicht richtig gelehrt. Wobei ich dazu sagen muss, dass es bei mir wirklich manchmal so war, Spezialfall halt. 😉
Heute interessieren uns die Schulnoten nicht mehr, eher die Börsenkurse.
Hast du Gewinn eingefahren, so warst du selbst verantwortlich. Und hast du Verlust erlitten, so war die Börsenstimmung schuld.
Warum machen wir das?
Ganz einfach: Es fühlt sich gut an und der Schaden hält sich in Grenzen. Zumindest hat er das in den letzten 100.000 Jahren, denn sonst hätte die Natur diesen Denkfehler ausgerottet.
Wer hat öfter den Müll weggebracht? Wer hat öfter das Zuhause geputzt? Wer tut mehr für den Erhalt der Partnerschaft?
In unserer modernen Welt kann der Self Serving Bias schnell in ein großes Unglück führen.
Ein alte Weisheit lautet: „Wem du die Schuld gibst, dem gibst du die Macht“
Ich persönlich bevorzuge es ja selbst die Macht zu haben.
Helfen können auch Freunde, die so sind wie ich. Die dir die Wahrheit ungeschminkt ins Gesicht sagen. Dadurch ist man zwar nicht immer der Beliebteste, aber vielleicht der Wichtigste. 😉
47. The Hedonic Threadmill
(Warum du einen kurzen Arbeitsweg brauchst)
Nehmen wir mal an dein Telefon klingelt und dir wird mitgeteilt, dass du 11 Millionen Euro im Lotto gewonnen hast.
Wie wirst du dich fühlen?
Du wirst wahrscheinlich Freudensprünge in die Luft machen, keine Frage. Viel interessanter ist ja die Frage, wie lange dieser Zustand anhalten wird.
Oder anderes Szenario:
Dein Telefon klingelt und diesmal wird die mitgeteilt, dass dein bester Freund gestorben ist. Wie lange wird die Trauer hier anhalten?
In den vorherigen Denkfehlern haben wir ja bereits festgestellt, dass Experten überflüssig sind. Jetzt bist du aber selbst dran mit der Schätzung.
Also wie lange halten die jeweiligen Zustände an?
1 Jahr? 10 Jahre? Bis ans Lebensende?
Antwort: Im Durchschnitt verpufft der Happiness-Effekt nach drei Monaten.
Krass oder? Das bedeutet, dass dein Glückslevel nach drei Monaten wieder so hoch oder tief wie vorher ist.
Stell dir vor du kaufst dir mit den 11 Millionen eine Villa auf dem Land. Mit Schwimmbad, Fitnessstudio und einer beneidenswerten Aussicht auf die Landschaft.
Nach drei Monaten verpufft der Happiness Effekt, also bist du so glücklich wie vorher, richtig?
Nicht ganz. Denn jetzt hast du einen Arbeitsweg von einer Stunde und musst dich mit Staus rumärgern.
Studien belegen, dass das Pendeln mit dem Auto mit am meisten Unzufriedenheit auslöst. Das Problem hierbei ist, daran kann man sich nur sehr schwer gewöhnen.
Im Endeffekt bist du also unglücklicher als vorher. Nicht anders bei Leuten, die immer das neuste Auto, Handy, den neusten Computer oder sonstige Konsumgüter haben wollen.
So wie uns ein Job im finanziellen Hamsterrad hält, so halten uns auch materielle Dinge im Zufriedenheits-Hamsterrad (Hedonic Threadmill).
Zum Glück ist es bei negativen Ereignissen ja nicht anders. Die eigene Querschnittslähmung, oder der Verlust eines Freundes/Partners verhindert unser Glück ebenfalls im Durchschnitt nur für 3 Monate.
Wäre es nicht toll, wenn wir abschätzen könnten, wie glücklich/unglücklich uns bestimmte Dinge machen werden?
In Ansätzen ist es zumindest möglich. Hier die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse.
1. Vermeide negative Dinge, an die du dich nicht gewöhnen kannst (chronischer Stress, Lärm, Pendelverkehr)
2. Erwarte von materiellen Dingen nur einen kurzfristigen Effekt auf dein Glück (Autos, Handys, Häuser, Lottogewinne etc.)
3. Dauerhaftes Glück hängt in erster Linie davon ab, wie du deine Zeit verbringst. Sorge für viel Freizeit und gehe deiner Leidenschaft nach. Investiere in Freundschaften und Partnerschaften, auch bei finanziellen Einbußen.
Brustimplantate haben bei Frauen übrigens einen dauerhaften Effekt aufs Glück, wahrscheinlich auch auf deren Partner ;).
Stehst du also vor der Entscheidung, ob du dir die Brüste vergrößern lassen sollst oder nicht, so kannst du diese Erkenntnis in den Entscheidungsprozess einfließen lassen.
Bei Männern ist es in erster Linie der berufliche Status, aber nur, wenn man die Vergleichsgruppe nicht wechselt.
Steigst du zum CEO auf und vergleichst dich nur noch mit anderen CEOs, so verpufft der Effekt wieder
Meine Leidenschaft besteht beispielsweise darin, anderen Leuten zu helfen. So kam dieser Blog zustande.
48. The Self-Selection Bias
(Erstaunt, dass es dich gibt?)
Gehe ich Donnerstags einkaufen, so gerate ich manchmal in eine lange Schlange an der Kasse.
Da geh ich extra an einem Tag einkaufen, an dem statistisch gesehen nur Wenige einkaufen, zu einer Zeit, in der erst Recht niemand einkauft und trotzdem steh ich in der Schlange.
Also frage ich mich, ob ich wirklich so ein Pechvogel bin, oder, ob ich dem Self-Selection Bias unterliege.
Beim Stau wird es deutlich. Nehmen wir an, dass sich auf einer bestimmten Strecke mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% ein Stau bildet. Die Wahrscheinlichkeit, dass man an einem bestimmten Tag in so einem Stau stecken bleibt, ist nicht größer als die Wahrscheinlichkeit, mit der die entsprechenden Staus auftreten, nämlich 10%.
Die Wahrscheinlichkeit aber, dass man während der Fahrt zu einem bestimmten Zeitpunkt stecken bleibt, ist größer als 10%.
Grund= Dadurch, dass man sich im Stau nur kriechend fortbewegt, verbringt man überproportional viel Zeit im Stau.
Dazu kommt noch, dass man sich keine Gedanken über den Stau macht, solange man nicht davon betroffen ist. Fließt der Verkehr, fließt auch das Lebensglück. Bleibt man stecken, so ärgert man sich.
So geht es einem auch vor roten Ampeln, Bankschaltern, oder wie mir vor der Kasse.
Sind auf einer Stecke zwischen A und B 10 Ampeln, von denen 9 grün sind (10% Wahrscheinlichkeit für rot), so verbringt man auf die gesamte Fahrzeit berechnet, mehr als 10% vor der roten Ampel?
Nicht verstanden? Stell dir vor du reist mit Lichtgeschwindigkeit. In diesem Fall stehst du zu über 99,99% vor der roten Ampel, weil du ja die restliche Strecke so schnell zurücklegst.
Sind wir Teil der Stichprobe, so müssen wir aufpassen nicht dem Self-Selection Bias (Selbstselektionsfehler) zu verfallen.
Marketingverantwortliche tappen oft in diese Falle.
Nehmen wir an sie verschicken einen Fragebogen an ihre Abonnenten, um herauszufinden, wie wertvoll sie den Newsletter einschätzen. Das Problem ist, dass leider nur Kunden den Fragebogen erhalten, die den Newsletter abonniert haben, sprich hauptsächlich zufriedene Kunden (die anderen sind raus aus der Stichprobe).
Die Umfrage ist also nicht aussagekräftig.
Erstaunt über die eigene Existenz kann nur jemand sein, der tatsächlich existiert. Wer nicht existiert, kann sich auch nicht darüber wundern.
Besonders lustig eine Telefonumfrage: Ein Unternehmen wollte herausfinden, wie viele Telefone sich durchschnittlich in einem Haushalt befinden. Bei der Auswertung staunte man darüber, dass kein Haushalt angab, dass sie keins besäßen ;).
49. The Association Bias
(Warum dich deine Erfahrung manchmal dumm macht)
Peter hat schon dreimal seine Ergebnisse dem Chef vorgestellt.
Jedes Mal lief es perfekt. Und jedes Mal hatte er seine rote Boxershorts an.
Klarer Fall: Das müssen Boxershorts des Glücks sein, denkt er sich.
Peter geht außerdem jedes Jahr für eine Allgemeinuntersuchung zum Arzt.
Meistens teilt der ihm mit, dass er für sein Alter (48) noch in guter Form ist. Erst zweimal verließ er die Praxis mit schlechten Nachrichten.
Einmal war sein Blinddarm nicht in Ordnung und musste rausoperiert werden. Das andere Mal war seine Prostata geschwollen, es war zwar kein Krebs aber immerhin eine Entzündung.
An den beiden Tagen, an denen Peter die schlechten Diagnosen erhielt, war es außergewöhnlich heiß.
Seitdem ist ihm immer unwohl, wenn die Sonne knallt. Schließlich beschließt er an heißen Tagen keine Ärzte mehr aufzusuchen, um schlechte Diagnosen zu vermeiden.
Unser Gehirn ist ein Meister darin, Dinge miteinander zu verknüpfen. Wir essen etwas Unbekanntes, uns wird davon schlecht und so meiden wir es zukünftig. So entsteht wertvolles Wissen.
Das Problem ist, dass so auch leider falsches Wissen entsteht.
Iwan Pawlow hat dies zum ersten Mal untersucht, indem er Speichelfluss bei Hunden maß. Die Versuch war so aufgebaut, dass eine Glocke klingelte, immer bevor die Hunde Nahrung bekamen.
Bald reichte schon das Klingeln der Glocke aus, damit der Speichelfluss bei den Hunden aktiv wurde.
Sie verknüpften das Klingeln der Glocke und die Produktion von Speichel miteinander, obwohl dies funktional nichts miteinander zutun hatte.
Funktioniert bei Menschen genauso.
Die Werbung verknüpft stets positive Emotionen mit ihren Produkten. Man wird in einer Werbung für Coca-Cola oder Schokolade niemals dicke oder unattraktive Menschen sehen.
Die dargestellten Menschen sind jung, agil und voller Freude.
Angst vor Terror reicht ebenfalls aus, um dir immer mehr Freiheit gegen vermeintliche Sicherheit zu nehmen. 😉
Wir tendieren dazu, dass wir Überbringer von schlechten Nachrichten nicht mögen (Shoot the Messenger-Syndrom), passiert mir ständig. 😀
Wir assoziieren die Botschaft mit dem Überbringer der Nachricht.
Selbst CEOs und Investoren verfallen diesem Denkfehler.
Warren Buffet weiß es besser. Er veranlasst die CEOs stets dazu, ihm lediglich die schlechten Nachrichten zu überbringen.
Mark Twain dazu: „Wir sollten darauf achten, einer Erfahrung nur so viel Weisheit zu entnehmen, wie in ihr steckt“.
Sonst enden wir wie die Katze, die sich auf eine heiße Herdplatte setzt. Sie wird sich nie wieder auf eine heiße Herdplatte setzen, aber auch nie wieder auf eine kalte.
50. Anfängerglück
(Wenn am Anfang alles gut läuft…)
Im Vorherigen Denkfehler haben wir den Association Bias näher kennengelernt.
Wir haben gelernt, dass es für Peter keinen Sinn macht an Glücksunterwäsche zu glauben, nur weil er jedesmal seine roten Boxershorts trug, als er erfolgreiche Präsentationen hatte.
In diesem Denkfehler behandeln wir einen Spezialfall des Association Bias.
Die (falsche) Verknüpfung mit vergangenen Erfolgen. Im Kasino nennt man es auch Anfängerglück.
Verliert man in den ersten Runden, so hat man tendenziell keine Lust mehr und steigt aus.
Gewinnt man hingegen, so macht man tendenziell weiter. Man denkt, dass man übernatürliche Fähigkeiten besäße und setzt immer mehr Geld.
Solange bis sich die Wahrscheinlichkeiten wieder dem Normalwert angleichen, dann ist man plötzlich der arme Pechvogel.
Nicht anders ist es in der Wirtschaft.
Getrieben vom Anfängerglück setzten viele Anleger in den 90er-Jahren ihre gesamten Ersparnisse in Internetaktien, viele sogar mit Hilfe von Krediten.
Sie verstießen gegen das ungeschriebene Gesetz der Diversifikation und waren gleichzeitig von ihren „übernatürlichen“ Fähigkeiten als Investoren überzeugt.
Ihre Gewinne hatten aber nichts mit ihren Fähigkeiten zutun. Tatsächlich war es so, dass man schon ganz schön dämlich sein musste, um zu dieser Zeit keine Gewinne zu machen. Die Kurse gingen einfach hoch.
Als die Kurse kippten, blieben viele Anleger auf ihren Schulden sitzen. Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall.
Ähnlich war es während des amerikanischen Immobilienbooms zwischen 2001 und 2007. Leute gaben ihre Jobs auf, um Häuser zu „flippen“. Sie also zu kaufen und kurze Zeit später mit Gewinn zu verkaufen. Die ersten Gewinne bestätigten sie in ihrer Annahme.
Als der Markt einbrach, saßen viele auf einem Trümmerfeld.
Hätte Hitler einen Russlandfeldzug gewagt, wenn er nicht vorherige Siege eingefahren hätte? Ich glaube nicht.
Es gibt leider keine klare Grenze, wo klar wird, dass Erfolg Talent und kein Anfängerglück ist.
Aber es gibt 2 Hinweise.
1. Bist du über eine längere Zeit deutlich besser als die anderen, so hast du wenigstens ein bisschen Talent.
2. Je mehr Menschen mitspielen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus purem Glück erfolgreich ist.
Erinnere dich außerdem an Denkfehler 7, den Confirmation Bias. Hier haben wir gelernt, dass wir versuchen sollten, eine Annahme zu falsifizieren.
Nur so kann man der Wahrheit ein Stück näher kommen.
51. Die Kognitive Dissonanz
(Wie du mit kleinen Lügen deine Gefühle pflegst)
Eine kurze Geschichte:
Ein Fuchs ging spazieren und schlich sich an einen Weinstock heran. Er sah sehnsüchtig die wunderschönen und überreifen Trauben an und dachte sich, dass die doch bestimmt lecker schmecken.
Also versuchte er sich die Trauben zu holen.
Er lehnte sich mit den Vorderbeinen gegen den Baum und wollte nach ihnen schnappen. Dabei bemerkte er, dass er zu klein war.
Beim nächsten Versuch sprang er, aber wieder schnappte er nur ins Leere.
Beim nächsten Versuch sprang er so leibhaftig, dass er auf den Rücken fiel.
„Die sind mir eh nicht reif genug und bestimmt auch viel zu sauer“ sagte er dann und ging erhobenen Hauptes zurück in den Wald.
Die kleine Geschichte stammt sinngemäß vom griechischen Dichter Äsop und verdeutlicht einen Denkfehler, der sehr oft auftritt. Die kognitive Dissonanz.
Der Fuchs hatte sich vorgenommen die Trauben vom Stock zu holen, schaffte es aber nicht und so blieben ihm 3 Möglichkeiten.
1. Möglichkeit: Die Trauben irgendwie doch noch holen
2. Möglichkeit: Eigenes Versagen eingestehen
3. Möglichkeit: Nachträglich etwas anderes hineininterpretieren
Die 3. Möglichkeit beschreibt die kognitive Dissonanz und die wählte der Fuchs.
Er war zu faul es erneut zu versuchen und zu stolz sich sein Versagen einzugestehen. Also musste er sich die Situation irgendwie schön reden.
Kleines Beispiel:
Du kaufst dir eine neue Waschmaschine. Die Waschmaschine ist viel lauter als erwartet und du bist unzufrieden. Was tust du? Zurückgeben wäre ein Eingeständnis eines eigenen Fehlers und der Verkäufer würde den vollen Kaufpreis wahrscheinlich sowieso nicht erstatten.
Also muss eine andere Lösung her. Da du mittags immer müde bist und zu dieser Zeit auch deine Wäsche wäscht, redest du dir ein, dass die Waschmaschine dich wenigstens wach hält.
Gar nicht so dumm denkst du dir.
Schon mal um einen Job beworben, den ein anderer Mitbewerber bekam? Statt dir einzugestehen, dass deine Qualifikationen vielleicht nicht ausreichen, redest du dir ein, dass du die Stelle eh nicht haben wolltest.
Oder du bist auf Partnersuche und bekommst eine Abfuhr.
Eigentlich wolltest du die Person sowieso nicht haben, du wolltest wieder nur deinen Marktwert testen. Zumindest reden sich das Viele gerne ein.
In beiden Fällen wieder ganz klar: Kognitive Dissonanz.
Was nicht ins eigene Weltbild passt, redet man sich aus, um sein Gewissen zu beruhigen. Ganz normale menschliche Reaktion.
Versuch also deinen Stolz zu kontrollieren und lass nicht deinen Stolz dich kontrollieren.
Nur so kannst du dich verbessern.
52. The Hyperbolic Discounting
(Nutze den Tag- aber nur am Sonntag)
Wie viele Leute kennst du, die das Motto „Carpe Diem“ tragen.
Oder wie viele Lebenshilfe Ratgeber kennst du, die Ähnliches propagieren?
„Carpe Diem“, „Genieße den Tag“, klingt gar nicht so dumm oder? Warum sollen wir uns ständig krumm machen, wenn wir das Leben doch genießen können?
Das Problem: Hast du keine Lust mehr Zähne zu putzen, duschen zu gehen, deine Rechnungen zu bezahlen oder dein Zuhause zu reinigen, so wirst du bald arm, krank und im Gefängnis sein.
In uns steckt eine tiefe Sehnsucht nach Unmittelbarkeit
Beispiel:
Jemand bietet dir 1000 Euro sofort oder 1100 Euro in einem Monat an, was machst du?
Tickst du wie die meisten Menschen, so nimmst du die 1000 Euro sofort.
Oder jemand bietet dir in genau einem Jahr 1000 Euro an, oder in 13 Monaten 1100 Euro, was machst du dann? Hier würden die meisten Menschen lieber die 1100 Euro in 13 Monaten nehmen.
Erstaunlich, in beiden Fällen beträgt die Differenz genau einen Monat und 100 Euro, aber trotzdem entscheiden sich die meisten Leute entsprechend anders.
Das ist der Hyperbolic Discountng.
Bedeutet im Klartext:
Unser emotionaler Zinssatz steigt an, je gegenwärtiger eine Entscheidung ist.
Warum ist das so? Auch hier ist wieder unsere tierische Vergangenheit schuld.
Tiere sind nicht bereit , heute auf eine Belohnung zu verzichten, um morgen eine größere zu bekommen. Ratten verzichten nie auf ein Stück Käse, um am nächsten Tag zwei zu bekommen, trotz noch so viel Training.
Walter Mischel hat ein Experiment zum Thema Belohnungsaufschub durchgeführt.
Dazu gibt es hier ein wunderbares Video: https://www.youtube.com/watch?v=QX_oy9614HQ
Wie man sehen kann, konnten die wenigsten Kinder warten.
Mischel fand heraus, dass die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub einen verlässlichen Indikator für späteren Karriereerfolg darstellt.
Mit zunehmenden Alter verbessert sich unsere Fähigkeit Belohnungen aufzuschieben.
Wir warten gerne 13 Monate um 1100 Euro zu bekommen, anstatt nur 12 Monate für 1000 Euro.
Aber können wir sie heute haben, so muss ein großer Anreiz bestehen, die Belohnung aufzuschieben.
Sonst würde niemand einen Kredit mit Wucherzinsen für Konsumgüter aufnehmen.
Fazit: Hyperbolic Discounting ist und bleibt ein Denkfehler. Die unmittelbare Belohnung ist sehr verführerisch.
Mit zunehmender Macht über unsere Impulse, lässt sich dieser Denkfehler vermeiden. Je weniger Macht wir haben, desto anfälliger sind wir.
Carpe Diem also nur am Sonntag, sonst gerät alles aus dem Ruder 😉
Vielen Dank, dass du bis hierhin durchgehalten hast.
Manche Denkfehler waren dir eventuell schon unterbewusst bekannt. Doch manchmal benötigt es jemanden, der die Dinge klar ausspricht, damit es ins Bewusstsein gelangt.
Hier geht´s zum Original*, wo noch weitere interessante Geschichten stehen:
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